Trösten

Getröstet ist der Mensch, den der Schöpfer in seine Nähe zog

Die Leidtragenden in der zweiten Seligpreisung (Matth. 5,4) sind nicht Menschen, die an einem Sarg stehen, sondern solche, die am tiefen Weh der Gottessehnsucht leiden. Daraus ergibt es sich von selbst, welch ein Trost hier gemeint ist.

Dieses Wort der Bergpredigt klingt an ein altes Psalmwort an: »Gott, tröste uns wieder, und lass leuchten dein Antlitz, so genesen wir« (Ps. 80,4.8.20). Antlitz steht im Hebräischen für Person. Wenn man davon sprach, dass einem Menschen das Antlitz des Königs leuchtet, so bedeutete das, dass dieser Mann den König persönlich sehen durfte. Der Psalm will sagen: Wenn ein Mensch Gott ganz nahe kommt, dann ist sein tiefes Leid, das er mit sich trug, wo er ging und stand, getröstet; dann ist er nicht mehr heimwehkrank.

Dasselbe sagt Augustin: »Du, Gott, schufst uns zu dir, und unser Herz ist unruhig, bis es ruhet in dir.« Und eben das meint Jesus, wenn er den nach Gott Leid Tragenden Tröstung zusagt; sie sollten zurückkehren in den Schoss des Vaters. Der Heilige Geist heisst der Tröster, weil er dem Menschen die Gegenwart Gottes bringt.

Die Schmerzen der Gottsucher sind keine verlorene Mühe

Zu beachten ist besonders der Anfang jener Seligpreisung: »O glückselig die, welche Leid tragen.« Ein merkwürdiger Widerspruch. Er löst sich aber leicht auf. Die, die mit tausend Schmerzen Gott suchen, sollen sich ihr Leid nicht leid sein lassen. Es ist etwas Kostbares.

Das Heimweh bereitet wohl Schmerzen, aber es ist doch auch ein sicheres Zeichen, dass noch ein Stück Heimat im Herzen lebt. Wer sich das Heimweh aus der Brust reissen wollte, hätte die Heimat weggeworfen. Wer aber innerlich an der Heimat festhält, und wenn dieses Festhalten ihn noch so elend macht, der wird die Heimat wiedererlangen.

Und noch mehr: das gilt nicht nur für einzelne Menschenseelen. Der achtzigste Psalm klagt um die verwüstete Kirche. Wenn Menschen um ihre Kirche ehrfürchtig und schmerzlich Leid tragen, dann soll ihnen bald in ihrer Kirche das Licht der Gegenwart Gottes leuchten.

Jesus sprach dort in der Bergpredigt mit Menschen, die tief verwachsen waren mit dem Ganzen ihres Volkes und ihrer Kirche (vgl. Ps. 51,20f.; 102,14; Jes. 66,10.13).

Datum: 09.12.2009
Autor: Ralf Luther
Quelle: Neutestamentliches Wörterbuch

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