Ahmadiyya-Bewegung

«Jesus starb mit 120 Jahren in Indien»

Die Ahmadiyya-Bewegung ist eine Splittergruppe des Islams. Besonders ihre Lehre über Jesus Christus und die rege Missionstätigkeit unterscheidet die Ahmadis von anderen Muslimen. Aktivisten dieses Glaubens waren es auch, die 1963 in Zürich die erste Moschee der Schweiz bauten.
Minarett der Mahmud-Moschee

Die Mahmud Moschee an der Zürcher Forchstrasse ist nicht zu übersehen. Ihr 18 Meter hohes Minarett ist das höchste der bestehenden drei Minarette in der Schweiz. Auch sonst ist das Gebäude geschichtsträchtig. Es ist die erste Moschee der Schweiz und gehört der Ahmadiyya-Bewegung an. Im Juni 1963 wurde sie durch den pakistanischen Diplomaten Muhammad Zarfullah Khan (damaliger Präsident der UNO-Generalversammlung) und dem Zürcher Stadtpräsidenten eröffnet. 

Heute besuchen etwa 200 Gläubige die Freitagsgebete. Regelmässig finden auch Aufklärungs-Vorträge über den Islam statt. Der Besuch eines Abends zum Thema «Jesus im Islam» macht jedoch deutlich, dass die Lehre der Ahmadiyya-Bewegung aus dem Rahmen fällt.

Sonderstellung unter den Propheten

Gemäss dem Koran wird Jesus auch bei den Ahmadis als Prophet, ein «Gesandter Gottes», anerkannt. Die Bewegung geht von mehr als 100'000 solcher Propheten aus, die Allah zu allen Völkern der Erde geschickt habe. Zu ihnen zählen auch Krischna und Buddha. 

Doch Jesus hat eine Sonderstellung, da er keinen leiblichen Vater hatte. Die Göttlichkeit Jesu wird trotzdem – wie im ganzen Islam – klar abgelehnt. Erst in Bezug auf die Kreuzigung Jesu treten klare Unterschiede auf. Die meisten Muslime gehen heute davon aus, dass eine Verwechslung stattgefunden hat. Nicht Jesus Christus, sondern ein anderer wurde hingerichtet. Die Kreuzigung wird im Koran nur in zwei Versen beschrieben und lässt die Deutung zu, dass Jesus selbst am Kreuz hing.

Suche nach verlorenen Stämmen Israels

Die Ahmadis folgen dieser Auslegung – gehen aber weit darüber hinaus. Jesus habe die Tortur überlebt. Das Kreuz sollte nur der Ausgangpunkt seiner eigentlichen Mission werden. Es beginnt nun eine abenteuerliche Reise. Jesus wanderte nach Indien aus, um dort die «verlorenen Stämme Israels» zu suchen. Mit 120 Jahren sei er schliesslich gestorben. Das Grab eines gewissen «Yuz Asaf» in Kaschmir wird von der Glaubensgemeinschaft für die letzte Ruhestätte Jesu gehalten.

Spirituelle Wiederkunft Jesu

Ihren Ursprung haben diese Theorien in der Lehre des Mirza Ghulam Ahmad, der 1889 in Indien die Ahmadiyya-Bewegung gegründet hatte. Sein Wirken wird zwar nicht in körperlicher, aber doch in spiritueller Hinsicht als die Wiederkunft von Jesus Christus verstanden. Ahmad predigte den absoluten Verzicht auf Gewalt, weshalb er sich nicht an den Aufständen gegen die Kolonialmacht England beteiligte. Die stark pazifistische Haltung der Ahmadis äussert sich noch heute in ihrem Motto: «Liebe für alle, Hass für keinen». 

Seit Anfang des 20. Jahrhunderts begann sich die Gemeinschaft, durch ihr starkes Missionsbewusstsein global auszubreiten. Dabei wurden auch viele Vertreter nach Europa geschickt. Nach der Teilung Indiens 1947 verlegte die Ahmadiyya ihren Hauptsitz nach Pakistan. Dort wurde der Glaube 1976 von der pakistanischen Nationalversammlung zur Irrlehre erklärt und seitdem stark verfolgt. In der Schweiz leben heute etwa 700 Anhänger, die sich auf vierzehn lokale Gemeinschaften verteilen. 

Datum: 14.12.2012
Autor: Christof Bauernfeind
Quelle: Livenet

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