Gyude Bryant, der auch dem Rat der anglikanischen Kirche seines Landes angehört, sagte: „Wir stehen in einer Umbauphase, und diese wird viel Geld kosten.“ Er appellierte an die internationale Gemeinschaft, das Land beim Wiederaufbau zu unterstützen. Bryant versprach eine transparente und offene Verwaltung der Gelder. Seine Übergangsregierung soll ihre Tätigkeit am14. Oktober aufnehmen. Bryant muss das Land wieder aus dem Sumpf ziehen, in den es unter den Präsidenten Samuel Doe und Charles Taylor geraten ist. In Liberia sind während des Bürgerkriegs rund 250.000 Menschen umgekommen. Ein besondere Aufgabe im Heilungsprozess des Landes werde die Resozialisierung der Kindersoldaten sein, betonte Bryant. Es gelte, Einrichtungen aufzubauen, in denen diese Jugendlichen „entgiftet“ und von ihren Traumate geheilt werden könnten. Zur Vergangenheitsbewältigung schwebt Bryant eine Versöhnungskommission nach dem Beispiel Südafrikas vor. Er würde diese Lösung einem Gericht zur Aburteilung von Kriegsverbrechern vorziehen, sagte er gegenüber der Agentur ENI. Sie könnte dazu führen, dass Fehlbare, anstatt Vergeltung zu erfahren, sich ihrem Gewissen stellen müssten und zum ehrlichen Bekenntnis bewegt würden: „Ich habe das getan, es tut mir leid, bitte vergebt mir.“ Bryant betonte jedoch, es werde schwierig sein, die Vergangenheit auf diese Weise zu bewältigen, wenn es den Menschen an den Gütern des täglichen Bedarfs mangle. Deshalb brauche das Land ausländische Hilfe. Bryant: „Die Situation ist nicht hoffnungslos, denn wir geniessen den Goodwill der internationalen Gemeinschaft. Und wir haben einen starken Glauben, der im Gebet, in der christlichen Gemeinschaft und in der Kirche verwurzelt ist.“ Noch braucht Liberia diese Hoffnung und starken Glauben. Denn weiterhin werden Plünderungen durch Regierungstruppen und Rebellen gemeldet. Sie scheinen sogar wieder zuzunehmen. Nach Angaben des britischen Senders BBC vom Dienstag lehnten Hilfsbedürftige inzwischen größere Nahrungsmittelpakete ab, weil sie dadurch leichter zu Opfern von Überfällen würden. Die Nahrungsmittelhilfe dürfe aber nicht gestoppt werden, sondern es müsse mehr Sicherheit für die Bevölkerung geben. Derzeit ist laut BBC nur eine kleine westafrikanische Friedenstruppe mit 3.000 Soldaten in Liberia stationiert. Sie sei in der Hauptstadt Monrovia präsent, aber nicht in der ländlichen Umgebung. Quelle: ENI/epdVersöhnungskommission
Plünderungen
Datum: 12.09.2003
Autor: Fritz Imhof