«Du wirst daran wachsen»
Es gibt ein Lied von Bastian Benoa mit dem Titel «Was, wenn doch?», das mich seit einigen Monaten begleitet. In dem Liedtext heisst es:
«Du sagst: Es trifft dich nicht.
Denn ich behüte dich.
Du sagst: Ich bin bei dir,
egal, was auch passiert.
Wenn Tausend um dich falln,
hilflos zu Boden knalln,
selbst dann beschütz ich dich.
Glaub mir, es trifft dich nicht.
Was, wenn doch?
Heisst das, dass du dann nicht da bist?
Was, wenn doch?
Heisst das, dass du mich dann nicht siehst?»
Wir beten häufig dafür, dass Gott uns und die Menschen, die wir lieben, beschützt – vor Krankheit, Not oder leidvollen Erfahrungen. Aber was, wenn wir vor manchen Erfahrungen nicht bewahrt werden? Was, wenn uns das Leid trifft und wir den Ausweg daraus zunächst nicht sehen? Was macht das dann mit unserem Bild von Gott?
Grundlose Traurigkeit
Vor knapp zwei Jahren fing es an, dass ich immer wieder Momente erlebte, in denen mich eine scheinbar grundlose Traurigkeit und Hoffnungslosigkeit geradezu überrollte. Ich fing oft plötzlich an zu weinen und konnte für längere Zeit nicht damit aufhören. Durch Prüfungen bedingter Druck und Stress machten die Situation nicht einfacher.
Als sich die Situation zuspitzte, holte ich mir Hilfe. Die Diagnose: Depressionen. Erfahrungen von Hoffnung und Hoffnungslosigkeit wechselten sich ab. Auf Phasen, in denen es mir gut ging und ich voller Tatendrang war, folgten Phasen, in denen ich absolute Hoffnungslosigkeit verspürte. Ermüdung stellte sich ein. Ich war es leid, immer wieder Hoffnung zu schöpfen, um am Ende doch das Gefühl zu haben, am Ausgangspunkt anzukommen. Und mich dann wieder demselben Kampf zu stellen wie auch in der Woche davor. Und in der Woche davor. Und in den Wochen davor.
Ich betete zu Gott, aber auch meine Gebete mit dem Schrei um Hilfe schienen nicht viel an meiner Situation zu ändern. Bis Gott an einem Tag antwortete.
Es war bereits Abend und ich war erschöpft, als ich mich ins Bett legte. Der Tag war anstrengend gewesen und mein Körper verlangte nach Schlaf. Gleichzeitig hörten meine Gedanken nicht auf zu kreisen und da ich nicht direkt einschlafen konnte, beschloss ich, mir ein paar Videos auf YouTube anzuschauen. Als ich durch die Videos scrollte, stiess ich auf eine Folge von «America’s got talent», in der eine Frau vor einer Jury ein Lied sang.
Die Stimme Gottes
Ich war in Gedanken völlig auf den Liedtext konzentriert, als ich plötzlich eine Stimme hörte, die zu mir sagte: «Du wirst daran wachsen.» Ich hörte diese Stimme nicht akustisch, aber in meinem Kopf war sie so laut, dass sie meine eigenen Gedanken unterbrach und ich vor Schreck mein Handy fallen liess. «Gott, bist du da?», flüsterte ich in die Dunkelheit. Es kam keine Antwort mehr, doch ich hatte die Stimme gehört und ihre Botschaft war deutlich: «Du wirst daran wachsen.»
Die Atmosphäre im Raum hatte sich geändert und ich spürte dies deutlich. Ich hatte Angst, doch es handelte sich um eine ehrfürchtige Angst. Ich wusste, dass es Gott war, der zu mir gesprochen hatte. Ich schaltete mein Handy aus, legte es weg und dachte über diesen Satz nach.
Ich hatte Gott vorher mehrfach angefleht, dass er mir doch helfen und zu mir sprechen sollte. Und das hatte er getan. Ehrlicherweise hatte ich darauf gehofft, dass Gott mir eine Nachricht zukommen lassen würde mit dem Inhalt «Ich nehme dir all deine Traurigkeit, Hoffnungslosigkeit und Dunkelheit». Stattdessen lautete seine Botschaft: «Du wirst daran wachsen.»
Dieser Satz begleitet mich. Manchmal ärgere ich mich darüber. Denn viel lieber wäre es mir gewesen, dass manche Schwierigkeiten ausgeräumt worden wären. Aber meistens gibt mir dieser Satz Mut, weil er deutlich macht, dass meine Situation in den Händen eines Gottes liegt, der mich sieht und meine Situation wahrnimmt. Er gibt mir die Sicherheit, dass Gott an meiner Seite ist und an eine Zukunft für mich glaubt. An eine Zukunft, die in seinen liebenden Händen liegt. Ich durfte das erleben, was der Sänger Bastian Benoa weiterhin in seinem Lied beschreibt:
«Und wenn doch
Weiss ich, dass du immer da bist
Und wenn doch
Weiss ich, dass du mich immer siehst
Und wenn doch
Weiss ich, dass du immer treu bist
Und wenn doch
Weiss ich, dass du mich trotzdem liebst.»
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Datum: 07.09.2025
Autor:
Yannika Bolz
Quelle:
Magazin Sela. / SCM Bundes-Verlag