Spiritualität

«In die Wiege gelegt»

Nach Gott gesucht? Nach Gott gefragt? Nein! Denn: «Er» wurde mir sozusagen in die Wiege gelegt. Nun, so ganz einfach ist die Sache auch wieder nicht.
In die Wiege gelegt

Es war vor allem eine Bekannte, die Kindern an einem Nachmittag der Woche Geschichten aus der Bibel erzählte und uns mit bunten Flanellbildern beglückte, dazu meine Eltern, die sich in meinen jüngsten Jahren einer Freikirche anschlossen und eine persönliche Beziehung zu Gott pflegten. Ehrlich gesagt faszinierten mich die Geschichten «vom Negerbüebli us Afrika» meist mehr, als das Umrunden von Jerichos Mauern und der Hirtenjunge David.

Streng und fern

In meinen Jugendjahren prägten Impulse der «Jugendgruppe» mein junges Leben massgebend. Ob es Gott gebe oder ob andere Religionen Besseres zu bieten hätten, war nie die Frage. Zu selbstverständlich war mir der christliche Glaube. Und doch war da die grosse Diskrepanz des «folge Jesus nach und alles ist gut» und meinem persönlichen Erleben von Minderwertigkeit, Ausgeschlossensein von Mitschülern und dem Bewältigen des allgegenwärtigen Liebeskummers. Der Gott den ich kannte, war schon recht «hilfsbereit» und half mir gar manches Mal aus der Patsche, doch war er auch sehr streng und sehr fern.

Eher Pflicht, als Kür

Gott sei super! Begeisterung für Gott? Na ja – für mich doch eher Pflicht, als Kür! Freunde, die das Leben mit Gott gerade erst entdeckt hatten, warfen ein Scheinwerferlicht auf mein düsteres Gottesbild. Durch Gespräche und Gebet, man kann es auch Seelsorge nennen, konnte ich Verletzungen und falsche Prägungen aus meiner Kind- und Jugendzeit aufarbeiten und ablegen. Der Prozess des Formens und Entstehens einer veränderten Gottesbeziehung begann – und setzt sich bis heute – in mein «Mittelalter» fort. Prozesse? Frau hätte es lieber per Knopfdruck!

Scherben!

Das zaghaft aufgebaute Vertrauen in Gottes gute Absichten wurde durch den frühen Tod meines Mannes total erschüttert. Einem Gott vertrauen, der mir soviel Schmerz zufügt? Und demselben Gott wieder für Heilung und Wiederherstellung meiner «Scherben» glauben? Dazu die nagende Frage: warum lässt Gott Leid zu? Ist er wirklich «gut», so wie wir das in unseren freikrichlichen Gottesdiensten manchmal euphorisch singen? Und stimmt, was ich gelehrt wurde kindlich zu glauben, dass wir nach dem Tod in den Himmel kommen? Diese Frage erhielt im Begleiten von Silvio in den Tod ein ganz anderes Gewicht.

Ein bedeutender Spaziergang

Gottesdienste habe ich weiterhin besucht und dabei oft im Kirchenbank geweint. «Gott ist gut», und andere positive Liedzeilen aber geflissentlich ausgelassen. Ich habe Gott geklagt und angeklagt. Karten und Blumen, wie auch die Gebete von Leuten aus der Gemeinde haben mir gezeigt: wir begleiten dich. Dann, am ersten Todestag, auf einem langen Spaziergang im zarten Frühlingsgrün, hat mich Gottes Liebe auf unerklärliche Weise umfangen. Zu den Tränen der Trauer mischten sich Tränen der Ergriffenheit, dass der Allerhöchste um mich weiss. Kurz später beschrieb jemand einen zerbrochenen Krug, und wie Gott aus den Scherben Neues entstehen lässt – ich wusste, dass dieses Bild mein Leben beschreibt.

Neues aus Scherben

Auf der Wegstrecke der letzten Jahre bin ich eine andere Frau geworden. Gott hat mich, wie auch die Beziehung zu ihm umgestaltet. Der Ferne ist mir nahe geworden. Der Austausch mit ihm, manche nennen es Gebet, selbstverständlich – zu Hause auf dem Sofa oder unterwegs im Stau. Mit ihm teile ich Alltagsbanalitäten, Fragen um das Begleiten meiner Kinder, meine Sehnsüchte und Wünsche. Ich übe mich darin, auf das «Halbvolle und nicht das Halbleere» zu schauen und dankbar zu sein. Bibelworte ermutigen und korrigieren mich. Der Austausch mit anderen Christen und Anlässe unserer Kirche geben mir eine Botschaft weiter: Bleib dran, Leben als Christ ist «cool» – auch wenn es im Leben öfters «hot» ist!

Buch zum Thema:
Lawrence J. Crabb: Christsein ohne Krampf

Datum: 19.02.2012
Autor: Romi Riva
Quelle: Jesus.ch

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