Jeder ein potentieller Folterknecht?

Kugel

Alle Menschen sind fähig Folter auszuüben und andere "Akte grosser Bösartigkeit" zu begehen. Zu diesem traurigen Schluss kommt eine Analyse von über 25.000 psychologischen Studien, an denen acht Millionen Menschen teilnahmen.

Diese Untersuchung wurde unter der Leitung von Susan Fiske an der Princeton Universität in New York durchgeführt, berichtet das Wissenschaftsmagazin New Scientist.

Aktuelles Beispiel ist die steigenden Zahl von Misshandlungsvorwürfen in der deutschen Bundeswehr. Man reibt sich die Augen und fragt sich: Wie ist das möglich? Luftwaffeninspekteur Klaus-Peter Stieglitz berichtet beispielsweise, die Wehrpflichtigen seien bei der Übung so hart geschlagen worden, dass mehrere von ihnen anschliessend eine ganze Woche lang krank gewesen seien.

Wissenschaft sucht Antworten

Die Wissenschaftler berücksichtigten auch die Umstände, die zu den unerklärlichen Missbrauchsfällen im Abu-Ghraib-Gefängnis in Bagdad führten. Fiske glaubt, jeder durchschnittliche 18-Jährige könnte die irakischen Gefangenen gefoltert haben. Viele Formen des Verhaltens, einschliesslich Akte der Grausamkeit, sind von Autoritätsfiguren, Gruppenzwang und anderen sozialen Interaktionen ebenso beeinflusst wie von der Psychologie des einzelnen. "Wenn wir die Wichtigkeit des sozialen Kontexts nicht verstehen und akzeptieren, dass jeder derartige Folterungshandlungen unter bestimmten Umständen ausführen könnte, schaffen wir einen Boden für weitere derartige Gräueltaten", warnt Fiske.

Die Forscher identifizierten Situationen, in denen sich die Individuen provoziert, gestresst oder verspottet fühlten und sich dadurch zu aggressiven Akten angespornt fühlten. Dem Gruppenzwang gerecht zu werden und Autoritäten zu gehorchen könnte Menschen dazu bringen, sich in einer Weise zu verhalten, die sie sonst inakzeptabel fänden. Fiske betont, dass das Militär entweder Vorurteile bekräftigen können - wie in dem Fall der irakischen Gefangenen - oder aktiv davor abschrecken. Würden Iraker an der Seite des US-Militärs kämpfen, würde es den Soldaten schwerer fallen, die irakischen Gefangenen so entmenschlicht zu sehen.

Religiöse Überzeugung hemmt

Aber es gibt auch immer einige wenige Individuen, die anderer Meinung sind als die Gruppe, nämlich Informanten, die Autoritäten auf den Missbrauch aufmerksam machen und so ein Fortfahren vermeiden. "Menschen, die aussteigen, haben oft eine religiöse Überzeugung, welche ihnen erlauben, die natürliche Neigung, den Vorgesetzten zu folgen oder sich dem Gruppenzwang unterzuordnen, zu überwinden", erklärte Ian Robbins, ein klinischer Psychologe am St. George´s Hospital in London.

Jeder Prozess, der mit Einsperren und Befragungen zu tun hat, sollte genauen Untersuchungen durch die Öffentlichkeit standhalten und nicht geheim vom Militär durchgeführt werden. "Ich finde es extrem erschreckend, dass das US-Militär im Pentagon diskutiert hat, welche Arten der Folter akzeptabel sind und welche nicht", kritisierte der Forscher.

Das Böse

Damit kann das Problem jedoch nicht grundlegend angegangen werden. Nichts bringt unser Dasein so durcheinander wie die tragische Realität des Bösen. Niemand entrinnt ihr oder kann sie leugnen.

Zahlreiche Philosophen haben schon über die Frage nach dem Bösen diskutiert; Theologen haben eine Vielzahl von "Lösungen" vorgeschlagen, Skeptiker berufen sich häufig darauf, um ihren Unglauben vorzubringen. Von schlimmen Geschehen verstört, erklärt Stendhal: "Gottes einzige Entschuldigung ist, dass er nicht existiert."

Thomas Huxley drückte es knallhart aus: "Wäre unser Gehör fein genug, um jede Schmerzensäusserung mitzubekommen, würden wir taub von einem einzigen durchgehenden Schrei."

Die Existenz des Bösen ist denn auch eines der grössten Hindernisse für den Glauben an Gott. Der britische Schriftsteller John W. Wenham übertrieb nicht, als er sagte: "Das Böse stellt das grösste Einzelargument gegen die Existenz eines allmächtigen, liebenden Gottes dar." Angesichts dieses Problems kommt der zeitgenössische Dichter Robert Hale zu dem Schluss: "Stünde ich vor der Wahl zwischen "Gott ist tot" und "Alles (einschliesslich das Böse) ist Gottes Wille', müsste ich mich der Stimme enthalten."

In theologischen Kreisen wird dieses Problem allerdings sehr stiefmütterlich behandelt, wie der amerikanische Philosoph Brand Blanshard in seinem Werk „ Vernunft und Glaube“ darlegt: "Der Umgang der Theologie mit dem Bösen kommt mir wie ein Schandfleck vor." Ed. L. Miller betont: "Die Unfähigkeit des Theologen, dem Skeptiker eine freimütige und befriedigende Antwort auf diese Herausforderung zu geben, hat das Böse zweifellos zu dem grössten einzelnen Stolperstein auf dem Weg zum Glauben an einen Gott der Liebe gemacht."

Wie damit umgehen?

Nach C.S. Lewis ist "das Gute ... sozusagen es selbst". Das Böse ist nur das verdorbene Gute. Und es muss zuerst etwas Gutes geben, ehe es verdorben werden kann. Weiter meint Lewis, "dass das Böse ein Schmarotzer, nicht etwas Ursprüngliches ist". Das Böse hat nur Bedeutung in Bezug zu dem Guten; es ist nicht notwendig und abhängig, ein Nicht-Vorhandensein von Gutem; kein positives Merkmal, sondern ein negatives.

Gott schuf den Menschen mit der Möglichkeit und der Fähigkeit, zwischen Gut und Böse zu wählen. Er schuf die Möglichkeit zum Bösen, aber nicht seine Realität. Also ist Gott nicht der Erschaffer des Bösen. Gott ist der Erschaffer des Erschaffers der Sünde, dem Teufel. Doch Gott kann nicht selber Erschaffer der Sünde sein, denn Sünde ist das Ergebnis einer Auflehnung gegen Gott. Kann sich Gott gegen sich selbst auflehnen?"

Wenn wir auf dieser Linie weiter denken, kommt uns die Frage in den Sinn: "Warum kann Gott nicht Menschen erschaffen, die nichts Böses tun? Kann Gott einen unfreien Menschen frei machen? Nein! Ein Mensch, der nicht frei ist, ist kein Mensch. Wenn der Mensch frei ist, hat er die freie Wahl. Aber zu einer Wahlmöglichkeit gehören logischerweise Dinge, zwischen denen man wählen kann. Wesen zu schaffen, die (in jeder Hinsicht) das Gute wählen "müssen", hiesse Roboter zu schaffen.

Warum stoppt Gott das Böse nicht

Zu der Frage "Warum gebietet Gott dem Bösen nicht Einhalt?" lautet eine Antwort: "Wie viel Übel soll Gott denn Einhalt gebieten? Wenn Gott anfinge, dem Bösen Einhalt zu gebieten - vielleicht würde man selber um Mitternacht nicht mehr leben.

Im christlichen Glauben haben wir einen Gott mit einer überwältigenden Liebe, der sich voll und ganz in unsere menschliche Angst und Schmerzen hinein begibt. Was ist die letztgültige Antwort auf das Problem des Leidens und des Bösen? Das Christentum sagt, die Antwort ist das Kreuz! Es ist die grösste aller Antworten auf die grösste aller Fragen. Nach der christlichen Botschaft ging Gott Schmerzen und Leiden nicht aus dem Weg, sondern ertrug sie. Ein Skeptiker forderte einmal einen Pfarrer mit einer provozierenden Frage heraus: "Wo war denn Ihr Gott, als mein Sohn starb?" Der Geistliche erwiderte bedächtig: "Ja genau, und wo war Gott, als sein Sohn Jesus starb?" Das Kreuz Christi ist Gottes endgültige Antwort auf das Problem des Bösen. Hier könnte man erkennen, was Gott mit dem Bösen gemacht hat. Er packte das Böse an seiner brutalsten und sinnlosesten Stelle und wandelte um. Gott selbst ging, in der Person Jesu Christi, durch Schmerzen, Leid und Tod, um uns von unserem Leiden zu erlösen. Christus hat das Böse nicht nur ertragen, sondern darüber triumphiert.

Die Lösung

Jeder, der diese Tat von Jesus nicht für sich beansprucht, damit fähig wird, sich durch Gott korrigieren zu lassen, der ist in der Tat ein potentieller Folterknecht, zu allem fahig. Da hat die Bibel die gleiche Einschätzung, wie die Eingangs erwähnte Studie: Alle haben sich von Gott abgewandt und sind verdorben, einer wie der andere. Es gibt wirklich keinen, der Gutes tut, nicht einen einzigen.

Der Mensch ist nicht so wie es Goethe sagt: "Edel sei der Mensch, hilfreich und gut"? Hat die Bibel so ein pessimistisches Menschenbild? Nein, kein pessimistisches, aber ein realistisches Bild vom Menschen. Auch Albert Einstein hat in die Abgründe des Menschen geschaut und deshalb gesagt: "Die Probleme liegen weniger in der Atombombe, als in der Explosivkraft des menschlichen Herzens für das Böse." Und doch wollen das viele Menschen nicht wahrhaben. Viele halten sich selbst für gut. Sehr oft schon haben mir Menschen gesagt: "Ich handle nach dem Grundsatz: Tue Recht und scheue niemand." - "Ich bin doch recht", ist das Bekenntnis einer weit verbreiteten Weltanschauung.

Auch im Humanismus ist man weithin davon überzeugt, dass der Mensch im Grunde gut ist. Dass tief im Menschen, in seinem Urgrund noch ein göttlicher Lichtfunke ist. Dieser muss durch rechte Erkenntnis entzündet werden. Das Gute im Menschen kann sich weiterentwickeln. Die Bibel lässt lässt das nicht gelten. Paulus sagt wörtlich: "In mir wohnt nichts Gutes." Diese Selbsterkenntnis ist Voraussetzung für eine Heilung. Weil das der Feind Gottes verhindern möchte, streut er einem "Sand" in die Augen, so dass die Menschen für sich selbst blind werden und sich trotz ihres bösen, unerlösten Wesens für gut halten.

Wir dürfen vor Gott nicht verdrängen, wie kaputt wir sind. Sonst gehen wir mit unseren Illusionen verloren. Gott deckt unser ganzes Elend auf: "Da ist keiner, der Gutes tue, auch nicht einer." Aber nicht um uns blosszustellen, sondern um uns dadurch zu heilen.

Quellen: pte/Steve Kumar/Livenet

Datum: 03.12.2004
Autor: Bruno Graber

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