Deutsche Israel-Werke und christliche Gemeinden kommen sich näher

Israel als Teil der „deutschen Identität“: Bundestagspräsident Norbert Lammert an der Israel-Konferenz.
Die Wurzel des irrationalen Hasses gegen Israel: Schwester Joela von den Evangelischen Marienschwestern.
Deutsche Israel-Werke

Beim Thema „Israel“ scheiden sich die Meinungen – auch unter Christen. Strittig diskutiert wird, ob und wie man mit Juden über Jesus spricht, wie man sich als Christ zum Staat Israel stellt oder was für eine Lösung es im Nahost-Konflikt geben kann. Das führt dazu, dass Kirchengemeinden und Pastoren der Thematik eher ausweichen.

Ein Kreis von sechzehn Israel-Organisationen in Deutschland hatte vom 9. bis 11. November 2006 zu einer Konferenz nach Berlin eingeladen. Mit dem Treffen wurde ein neues Kapitel im Verhältnis zwischen den Israel-Werken und den Kichgemeinden aufgeschlagen. Die Einladung der Veranstalter richtete sich vor allem an Verantwortliche aus christlichen Gemeinden; Ziel der Veranstaltung war es, den Kreis der traditionellen Israel-Freunde unter den Christen in Deutschland zu vergrössern. Das wurde allerdings nur ansatzweise erreicht, der Grossteil der 1600 ständigen Konferenzbesucher waren Christen, die sich schon einige Jahre für die Beziehung zu Israel und zu den Juden einsetzen.

68 Jahre nach der Kristallnacht

Die Initiatoren des Kongresses suchten auch den Kontakt zur Politik: Bei der Gedenkveranstaltung zur Reichsprogromnacht war Bundestagspräsident Dr. Norbert Lammert ranghoher Gastsprecher. In der Veranstaltung erinnerte man an die Gewalt gegen Juden am 9. November 1938 in Deutschland, als zahllose Synagogen in Brand gesteckt, jüdische Geschäfte zerstört und Juden deportiert wurden. Lammert bezeichnete Israel als einen Teil der „deutschen Identität“. Die damit verbundene Schuld werde auch weiterhin das Denken, die Sprache und das Handeln der Deutschen bestimmen. Der CDU-Politiker warnte im Blick auf den Holocaust, dass bei aller Singularität des Geschehens, sich ähnliches wiederholen könne. Jeder in Deutschland sei dazu aufgerufen, sich gegen Fremdenhass und Feindlichkeit gegenüber Juden zu stellen. „Dass sich Auschwitz nicht wiederholt, ist in unserer aller Verantwortung“, so Lammert. Als Präsident des Bundestages ist Dr. Lammert der zweithöchste politische Vertreter des deutschen Staates.

Resolution

Die sechzehn Organisationen des Trägerkreises machten in einer Resolution deutlich, dass man einen zweiten Holocaust an den Juden befürchte. Ihren Appell angesichts der „aktuellen Bedrängnis“ Israels richteten sie an Politik, Gesellschaft und Kirchen. Mit Sorge müsse man feststellen, „dass die Mitte der Gesellschaft in Deutschland sich zunehmend von einer freundschaftlichen und verständnisvollen Haltung gegenüber Israel entfernt“. Nicht nur Politik und Gesellschaft, auch die Kirchen seien aufgerufen „sich auf die Verbundenheit mit Israel zu besinnen“ und sich „öffentlich an die Seite Israels stellen“.

Der Politikwissenschaftler Dr. Moshe Amirav (Jerusalem) sagte in Berlin, dass man realistischerweise zur Zeit nicht von der Möglichkeit sprechen könne, den Nahost-Konflikt zu lösen. Trotzdem sei man dazu aufgerufen, sich mit dem Konflikt zu befassen, und die Basis sei die Bereitschaft zum Dialog. Dr. Amirav, Dozent für Internationale Politik, ist Berater des israelischen Ministerpräsidenten Ehud Olmert.

Was verbirgt sich hinter dem Hass gegen Israel?

Für die Evangelische Marienschwestern zog Schwester Joela eine Verbindung zwischen Jesus, dem Juden, und dem Antisemitismus und der Verfolgung, die Juden immer wieder erlebten. „Der irrationale Hass gegen dieses Volk entspringt dem Hass gegen einen Grösseren und Stärkeren – es ist der Hass gegen Gott“, so Schwester Joela. Und weiter mahnte sie: „Darum wird der Hass in dieser letzten Phase der Heilsgeschichte Juden und Christen gemeinsam treffen.“

Auf der Konferenz kamen auch Einschätzungen zum Ausdruck, die eine kritiklose Freundschaft zu Israel ablehnen und sich um Freundschaft und Unterstützung für arabische Christen bemühen. Diese Bandbreite der Einschätzungen, so ein Teilnehmer, sei für das “Verhältnis von Israel-Werken und Kirchengemeinden heilsam” gewesen.

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Autor: Norbert Abt
Fotos: Kerstin Zedler

Datum: 18.11.2006
Quelle: Livenet.ch

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