Ende Januar löste sich vom Larsen-Schelf (West-Antarktis) eine 3250 km2 grosse Eisfläche. Mitte März beobachteten Kölner Forscher am selben Ort den Abbruch eines 64 mal 85 km (5440 km2) grossen Eisstückes. Nur Tage später brach ein 40 mal 85 km (3400 km2) grosses Stück vom Thwaites-Gletscher ab. Im Mai ereigneten sich gleich drei Grossabbrüche. Abbruch eins und zwei betrafen den Ross-Eisschelf. Der erste Brocken hatte eine Länge von 76 km. Der zweite Eiskoloss mit dem Namen C19 war mit einer Ausdehnung von 200 x 32 km (6336 km2) mehr als doppelt so gross wie das Saarland. Der dritte Eisabbruch im Mai erfolgte vom Lazarev-Eisschelf in der südlichen Antarktis. Mit 56 km Länge und 11 km Breite besass er immer noch die doppelte Grösse von München. Für die Forscher ist der Abbruch grosser Eismassen eigentlich kein Grund zur Sorge. Alarmierend sei jedoch die Geschwindigkeit, in der dies nun passiere. Gemäss den Modellrechnungen hätte der nächste Abbruch erst in zehn bis 20 Jahren stattfinden sollen. Der Thwaites-Gletscher, der vom Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt, Köln, beobachtet wird, ist ein wichtiges Beispiel für die ungewöhnliche Entwicklung. Der Gletscher ist Teil des marinen westantarktischen Eisschildes. Die Kölner Forscher weisen darauf hin, dass dort, wo das Eis zu stark ausdünnt, Meerwasser unter den Eisschild eindringen kann. Dadurch erhöht sich seine Fliessgeschwindigkeit weiter. Die Folge ist eine weitere Ausdünnung. Diese könne zum selbst verstärkenden mechanischen Kollaps des marinen Eisschildes führen, mit verheerenden Folgen für den globalen Meeresspiegel.•
Datum: 13.08.2002
Quelle: factum/hg