Ergebnis: Sie sind gespalten. Fast jeder Zweite (45 Prozent) glaubt, dass Christen, Juden und Muslime an denselben Gott glauben. Die Fernsehmoderatorin Bettina Tietjen dürfte für sehr viele sprechen, wenn sie kommentiert: „Wäre ich in einer anderen Kultur geboren worden, würde ich vielleicht an Allah glauben. Gott hat viele Gesichter, er ist Liebe, Licht. Wenn es ihn gibt, dann nur einmal.“ Allerdings spiegelt sich in diesen Sätzen Tietjens („wäre“, „vielleicht“, „wenn“) eine bedenkliche Ungewissheit. Sie entsteht, wenn man die Frage nicht aufgrund der Lehren der drei Religionen, sondern subjektiv, von der eigenen Biografie her, zu beantworten sucht. Gott kann selbstverständlich nicht in ein Bild gepresst werden – wäre das möglich, wäre er nicht Gott. Aber „viele Gesichter“ ist zu einfach, zu beliebig. Gott ist nicht irgendwer. Der Gott der Bibel hat sich im Alten und Neuen Testament vorgestellt und Menschen eine Ahnung von der Heiligkeit seines Angesichts gegeben. Er hat Namen mitgeteilt, die bestimmte Wesenszüge von ihm zum Ausdruck bringen (z.B. „Ich bin der Herr, dein Arzt“), Namen, mit denen er angerufen werden kann. Den roten Faden der Bibel bilden Bundesschlüsse Gottes, durch die er sich auf eine verbindliche Partnerschaft mit seinen Menschen eingelassen hat, von Noah und Abraham bis hin zu Jesus Christus. In Christus hat sich Gott, wie das Neue Testament sagt, endgültig offenbart: „Die ganze Herrlichkeit Gottes leuchtet in ihm auf; in ihm hat Gott sein innerstes Wesen sichtbar gemacht“ (Hebräer 1,3.4). Wenn wir Gott kennen, dann durch Christus. „Christus ist das Oberhaupt jeder Macht und Gewalt im ganzen Kosmos“ (Kolosser 2,10). Dies zu vermitteln, ist und bleibt die Grundaufgabe der Kirchen. Das landeskirchliche Monatsmagazin „Chrismon“ lässt allerdings neben Bettina Tietjen nicht einen Kirchenführer zu Wort kommen, sondern Nadeem Elyas, den Vorsitzenden des Zentralrates der Muslime in Deutschland. Elyas behauptet, die Botschaft der drei Offenbarungsreligionen sei im Wesentlichen dieselbe, auch wenn verschiedene Vorstellungen über Gott bestünden. Dass er und andere Vertreter des Islam, der historisch jüngsten Religion, dabei Judentum wie Christentum vereinnahmen, bleibt – auch bei „Chrismon“ – ungesagt. So müssen sich die Menschen in der Bundesrepublik ihr Urteil aus einem verwirrenden Spektrum von Behauptungen und Meinungen bilden, wobei Medien und Schulen den Kirchen längst den Rang abgelaufen haben. Die Aufschlüsselung der 1005 Antworten nach demografischen Kriterien, die das emnid-Institut vornimmt, ergibt immerhin interessante Unterschiede. Überdurchschnittlich verbreitet ist die Ansicht, der Glaube von Christen, Juden und Muslime beziehe sich auf denselben Gott, in Norddeutschland und auch in Bayern (!), unterdurchschnittlich im Osten. Dort stimmen nur 29 Prozent zu, gegenüber 49 Prozent im Westen. Während die Berliner fast im deutschen Schnitt liegen, meinen in den Bundesländern Brandenburg, Mecklenburg-Vorpommern und Sachsen-Anhalt nicht weniger als 45 Prozent, jede der drei Religionen glaube an einen anderen Gott. Dies deutet darauf hin, dass in den drei Bundesländern das Gemeinsame von Christen und Juden in den letzten Jahrzehnten weniger betont wurde. Bei allein Lebenden und bei Städtern findet sich die Meinung, der Gott von Christen, Muslimen und Juden sei derselbe, viel häufiger als bei Familienmitgliedern und in den Dörfern. Doch scheint die Vermittlung christlich-jüdischer Gemeinsamkeiten Wirkung zu zeitigen: Dass Muslime an einen anderen, aber Juden und Christen an denselben Gott glauben, davon sind besonders die 14- bis 29-Jährigen überzeugt: 21 Prozent stimmen hier zu, gegenüber 12 Prozent der über 60-Jährigen. Die Umfrage bei „Chrismon“: www.chrismon.de/ctexte/2005/2/2-umfrage.html Bedenkliche Ungewissheit
Der Gott der Bibel lässt sich auf Menschen ein
Für den Muslim läuft alles auf den Islam zu
Verwirrende Vielfalt
Sehen Jugendliche klarer?
Datum: 08.02.2005
Autor: Peter Schmid
Quelle: Livenet.ch