Wenn wir Hilfe brauchen, sind wir abhängig. Wir sind dann Anderen etwas schuldig. Wenn wir selber die sind, die helfen, dann geht es uns gut. Andere sind von uns abhängig und uns etwas schuldig, das wir ja dann meist grosszügig vergessen. Dabei müssten wir doch nur Danke sagen für die erfahrene Hilfe. Aber eben genau damit tun wir uns schwer. Wer Danke sagen muss, gibt zu, dass er Hilfe gebraucht hat, dass er abhängig war. Dankbarkeit hat in unserer Leistungs- und Wettbewerbsgesellschaft einen negativen Beigeschmack bekommen. Wer dankbar sein muss, der steht irgendwie auf der Verliererseite. Ich finde das furchtbar! Ich kämpfe dagegen an! Wenn wir ehrlich mit uns selber sind, dann müssen wir nämlich feststellen, dass wir die wirklich wichtigen Dinge in unserem Leben nicht selber machen können, sondern immer geschenkt bekommen – und damit nicht ein für alle Mal für sicher haben. Ich denke an unser Leben, unsere Gesundheit, unsere Kraft, unseren Mut, unsere Fähigkeit Liebe zu verschenken, unsere Menschlichkeit. Und wer darum weiss, kann und darf ohne schlechte Gefühle und immer mit grosser Dankbarkeit Hilfe in Anspruch nehmen. Die Verbundenheit, die daraus wächst, ist nicht Last oder Schuld, sondern das, was uns erst zu Menschen macht. Darum erfüllen mich diese Worte der Dankbarkeit, wie sie im 40. Psalm stehen, mit solcher Freude: „Herr, unser Gott, was hast du nicht alles für uns getan, wie wunderbar hast du es vollführt, wie sorglich geplant! Du bist einzig und unvergleichlich! Wenn ich es klarmachen, aufzählen wollte, es ist für Worte zu viel. ... Deine Liebe, deine wahrhafte Treue werden stets mich behüten.“ (Psalm 40.6 und 12b)
Datum: 24.10.2006
Autor: Roman Angst
Quelle: Bahnhofkirche Zürich