Zur Banalität des Lebens gehört, das Gefällige zu mögen. Das Klare, Helle, Reine spricht an und erfreut. Auch die Werbung will uns über die Schritte „schmutzig – sauber- glücklich“ Produkte verkaufen. Und doch wissen wir im Tiefsten alle, dass das weisseste Weiss nicht Ursache unseres Lebensglückes sein kann. Wir ersehnen etwas anderes: wir wollen angenommen werden, bejaht sein, Zuwendung erfahren. Und das nicht einfach in den Glücksmomenten des Lebens, nicht einfach dann, wenn wir Erfolg haben und gut dastehen. Vielmehr wünschen wir uns angenommen zu sein, wenn wir versagt haben, wenn Zweifel uns befallen, wenn wir an den dunklen Seiten leiden. Wir wissen um unsere hellen und dunklen Seiten. Sie machen uns aus. Mit diesen verschiedenen Seiten möchten wir uns angenommen wissen. Genau dies meint die Liebe – in seiner Ganzheit angenommen werden. Was wir für uns selber erhoffen, erhoffen auch die anderen von uns. „Du aber liebe mich, auch wenn ich schmutzig bin.“ Zu jedem Menschsein gehört der „Schmutz“ in verschiedenen Ausgestaltungen: das Unperfekte, Holprige und Aneckende. Davon dürfen wir uns nicht ablenken lassen. Wenn wir diese Seiten beim andern annehmen, stossen wir auch zu den Schönheiten durch. Wir entdecken nach und nach das Geheimnis, das Gott in ihm angelegt hat. Wir entdecken seine einmalige Weise, Mensch zu sein – mit den leuchtenden und dunklen Seiten. Auf diesem Weg will uns das Wort von Dostojewski herausfordern und Mut machen.
Datum: 23.01.2008
Autor: Roman Angst
Quelle: Bahnhofkirche Zürich