In Matthäus 5,5 steht: "Selig sind die Sanftmütigen, denn sie werden das Erdreich erben." Im Altertum war die Erde sehr wichtig. Sei ernährte die Menschen. Landbesitz gab ihnen eine legale Sicherheit und definierte ihren Status in der Gesellschaft. Ohne Erbbesitz konnte man kein Jude sein. Wenn eine Familie durch den Tod des Erben betroffen war, bedeutete das eine Katastrophe wie in der Geschichte von Naomi und Ruth.. Mit allen legalen Mitteln - die im alten Testament vorgesehen waren - versuchte man den Verlust des Erbteils zu verhindern (siehe 2. Samuel 14,7). Das Erbe konnte nicht von einer Familie auf die andere übertragen werden. Denn es war eine Art soziale Absicherung für Gottes Volk. Gewöhnlich wurde das geerbte Stück Land nicht verkauft, selbst wenn eine hohe Summe dafür geboten wurde oder auch ein anderes Grundstück im Tausch, wie bei Nabots Weinberg (1. Könige 21,3). Es war ein geheiligter Ort (Psalm 79,1). Hier war das Stück Erde, wo die Eltern begraben lagen, wo man die Spuren ihrer Tätigkeit noch sah, wo man die sorgsam aufbewahrten Familienschätze hütete. Jeder Jude war stolz auf sein Erbteil. Seit Gott die Verheissung gegeben hatte, dass der Messias aus der Familie Davids kommen werde, bedeutete es für jeden Juden eine wichtige Aufgabe, sein Erbteil zu wahren. Aber von was für einem Erbe spricht Jesus in dieser Seligpreisung? Er zitiert hier wörtlich aus den Psalmen (Psalm 36, 7-11). Aus diesem Zusammenhang kann man schliessen, dass Jesus mit den Sanftmütigen diejenigen meint, die sich auf Gott verlassen, die von ihm abhängig sind - mit anderen Worten die Nachfolger Christi. Was für ein Erbe wird ihnen garantiert, wenn sie sich von Gott abhängig machen? Meist wird es so ausgelegt: Die Nachfolger Christi haben ein himmlisches Erbe (Kolosser 3, 24; Titus 3,7), bevor sie es erhalten, müssen sie leiden, geduldig sein, arbeiten - in einem Wort "warten". Es ist irgendwo, aber weit weg. Es ist zwar versprochen, aber es scheint sich damit so zu verhalten, wie mit Abraham, der gerufen wurde, in "seinem" Land herumzuwandern - ohne Erbrecht darauf zu besitzen. Aber diese Sicht streift nur die Oberfläche der Wahrheit. Christus kam, "damit wir Leben haben und zwar überfliessendes Leben". Jetzt und hier? Ja, genau jetzt und hier. Aber wie wird dieses Leben sichtbar? In dieser Welt, in der materielles Erbe meist nur unter Schwierigkeiten aufgeteilt wird (Lukas 12,13), erstrahlt das Erbe Gottes, das den Gläubigen durch Christus geschenkt wurde, wie ein Stern in pechschwarzer Nacht. Es kann nicht verloren gehen, kann nicht verderben oder verändert werden (Jakobus 2,5). Es befindet sich im Herzen eines jeden von Christus Erlösten, es macht froh und trägt ihn in den verschiedensten Lebenssituationen. Was für ein Erbe ist das wohl? Es ist nichts anderes als das "Wort Gottes" - die Bibel. Die Christen in der ehemaligen Sowjetunion, die eine 70-jährige geistliche Hungerzeit durchmachen mussten, kennen den wahren Wert der Bibel. Heute ist es kein Problem, auch in Russland eine Bibel zu besitzen. Die Zeiten sind aber noch im Gedächtnis unseres Volkes lebendig, als die Bücher der Bibel von Hand wieder und wieder abgeschrieben wurden und die Bibel von einem Haus ins andere weiter gegeben wurde. Was für einen grossen Schatz bedeutet es, wenn man einen Teil des Neuen Testamentes besass! Und dasselbe galt für geistliche Literatur! Ein Christ kann nur überleben, wenn er geistliche Nahrung hat. Sie ist unser Erbe, für das viele Menschen gelitten haben. Und viele wurden eingesperrt, weil sie das Recht auf den Besitz einer Bibel vertraten. Und sie bereuten es nicht. Ist es nicht ein Geschenk, Gottes Wort bei sich zu Hause zu haben? Die Christen in unserem Land lesen die Bibel nicht nur so, nein, sie können nicht genug davon bekommen. Sie kennen viele Passagen auswendig, sie sammeln Tausende von faszinierenden Predigten darüber und schliesslich leben sie nach ihr. Eine Familie war so gepackt von einer Predigt über den Text aus dem Lukasevangelium: "Da veranstaltete Levi ein grosses Fest in seinem Haus, und eine grosse Anzahl von Steuereintreibern und andere sassen mit ihm am Tisch", dass sie dem Beispiel folgten. Sie freundeten sich mit ihren Nachbarn an, die sich in der Folge für Gott zu interessieren begannen. Und diese fingen ihrerseits an, anderen Nachbarn von Gott zu erzählen. Und ein weiteres junges Paar bekehrt sich. Das "Wort der Gnade" wirkt so auch an anderen. Orten. Autor: Stanislav Kasprov. Leiter der HMK Ukraine
Ein geheiligter Ort
Das Erbe Gottes
Das Wort Gottes - unser Erbe
Datum: 23.04.2004
Quelle: Stimme der Märtyrer