Neulich beim Duschen beschäftigte mich ein Gespräch, das ich kürzlich mit einem Christen hatte. Er hatte Probleme mit mir - aber mich gleichzeitig als Sprecher eingeladen. Jetzt überlegte er, ob er das wieder rückgängig machen soll. Ich war ihm in meinen Beziehungen zu wenig wählerisch. "Wenn Gott jemand sein Kind nennt, wie sollte ich ihn dann nicht meinen Bruder nennen?" Und: "Wenn Gott jemand mitsamt seinen Fehlern seinem ihrem falschen Bibelverständnis annimmt, sollten wir das dann nicht genauso halten?" Solche Sätze aus meinen Büchern hatten ihn stutzig gemacht. "Da gehst du zu weit", erklärte er mir. "Zäune sind nötig. Die Bibel ist da ganz eindeutig", und las mir einige entsprechende Stellen vor. Ich sollte mir doch etwas besser überlegen, wem gegenüber ich Gnade walten lasse. "Das bin es doch gar nicht ich, der Gnade walten lässt", versicherte ich ihm. "Ich leuchte nur auf die Stellen, wo Gott selber das bereits tut." Aber diese Antwort erreichte ihn nicht. Ich bot ihm an, den Termin zu streichen. Doch er lenkte ein, ich solle trotzdem sprechen. Dann war jener Tag gekommen. Ich stellte mich rasch noch unter die Dusche und dachte über diesen Bruder nach. Was sollte ich ihm sagen? Während das Wasser so an mir 'runterlief, gingen mir einige Gedanken durch den Kopf; vor allem der eine: Noch nie hat mich Gottes Gericht überrascht. Aber seine Gnade überrascht mich immer wieder neu. Gottes Gericht war für mich noch nie ein Problem. Im Gegenteil, ich fand es immer richtig: Blitze über Sodom, Feuer auf Gomorra? Gut gemacht, Gott! Die Ägypter, die im Meer ertrinken? Das musste ja so kommen ... Vierzig Jahre durch die Wüste, um die Halsstarrigkeit des Volkes zu brechen? Das hätte ich auch getan. Hananias und Saphira in Apostelgeschichte 5? Überhaupt keine Frage! Es fällt mir nicht schwer, diese Strafen zu akzeptieren. Sie sind nur logische Konsequenzen von dem, was davor abgelaufen war. Damit kann ich umgehen. Aber mit Gottes Gnade ...? - Ein paar Beispiele: - Aus David, dem Psalmensänger, wird David, der Voyeur. Gottes Gnade aber macht ihn wieder zum Psalmensänger. Eine Geschichte nach der anderen, und eine Überraschung nach der anderen. Offenbar ist Gott mehr daran gelegen, uns nach Hause zu holen, als uns auszugrenzen. Suchen Sie in der Bibel mal nach jemandem, der eine zweite Chance suchte und stattdessen eine Moralpredigt zu hören bekommen hätte. Sie werden niemanden finden. Aber wir stoßen dafür auf ein verwirrtes Schaf auf der anderen Seite des Flusses. Es ist verloren, und es weiss, daß es verloren ist. Es kann sich nicht selbst helfen, sondern schämt sich nur noch: Was werden die anderen Schafe sagen? Was der Hirte? Und der findet das dann tatsächlich (Lukas 15,3-7)! Oh Schreck! Schnell ducken und die Hufe vor die Augen. Gleich wird der Gürtel auf den Rücken niederfahren. - Weit gefehlt. Niemand schlägt mit irgendeinem Gürtel. Nur Hände sind zu spüren, grosse ausgestreckte Hände, die unter den Körper greifen und das Schaf hochheben, immer höher und höher, bis es oben auf den Schultern des Hirten ruht. Er trägt es zurück zur Herde und gibt eine Party! "Los, mäht Gras und bürstet ihm die Wolle", weist er die andern an. "Wir feiern ein Fest!" Doch diese andern Schafe schütteln bloß ungläubig die Köpfe. - Genau wie wir, wenn wir sehen, wie der Hirte ein merkwürdiges Schaf nach dem anderen in unsere Mitte trägt. Es scheint mir so, als ließe Gott viel mehr Gnade walten als wir uns das so vorgestellt haben. Machen wir es ihm doch nach! Wenn jemand mit reinem Herzen Gott seinen Vater nennt, warum kann ich diesen gleichen Menschen dann nicht meinen Bruder nennen? Man muss nicht vollkommen sein, um zu Gottes Familie zu gehören. Warum also eigenmächtig Bedingungen stellen? Vielleicht sind wir untereinander nie einer Meinung. Aber dann lassen wir diese unterschiedlichen Ansichten doch wenigstens stehen! Wenn Gott selber meine eigenen Fehler hinnimmt, wieso kann ich dann die der anderen nicht tolerieren? Über meine Mängel sieht er hinweg - und ich kann das nicht mit denen der anderen machen? So viele Eigenheiten und soviel Versagen schleppe ich mit mir herum und wage es dennoch, Gott Vater zu nennen. Dann sollte ich diese gleiche Gnade nicht auch anderen zugestehen? Eines ist sicher: Wenn wir in den Himmel kommen, werden wir staunen, wen wir dort alles antreffen. Und manch einer wird noch mehr staunen, wenn er uns nicht antrifft. Die deutschen Bücher von Max Lucado sind erschienen in den Verlagen Haenssler, CVH und OneWay. Eine Übersicht der Bücher finden Sie hier: Autor: Max Lucado, bearbeitet von LivenetÜberrascht von der Gnade
- Petrus hat Christus kräftig geleugnet - bevor er Ihn predigte.
- Zachäus, der Gauner: Das Sauberste in seinem Leben war das Geld, das er selber gewaschen hatte. Trotzdem nahm sich Jesus Zeit für ihn.
- Der Verbrecher am Kreuz neben Jesus: eben noch auf dem Weg in die Hölle - und plötzlich lächelnd in die Gegenrichtung.Verirrt, verwirrt - und dann?
Gottes Sohn - mein Bruder?
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Datum: 31.10.2004