Schwanger von Gott

Bethlehem, die Geburtsstadt von Jesus.
Dr. Hans-Georg Wünch
Fresko der Geburt Jesu in der Geburtskirche.

Name: Jesus. Beruf: Zimmermann. Eltern: Der Heilige Geist und Maria, ein Mädchen vom Lande. Dieser Mann soll Gott selbst gewesen sein? Für viele fällt die Geschichte von Jesus Christus in den Bereich der antiken Märchenwelt. Sabine Schmidt sprach mit Dr. Hans-Georg Wünch, Dozent und Studienleiter am Theologischen Seminar von Neues Leben, über Traditionen und die Glaubwürdigkeit der biblischen Berichte.

Neues Leben: Feiern wir in diesem Jahr Weihnachten tatsächlich zum 2006. Mal?
Dr. Hans-Georg Wünch: Nein, sicher nicht. Als man sich im 6. Jahrhundert unter Papst Johannes I. entschloss, die Zeitrechnung an der Geburt Jesu festzumachen, kam es leider beim Zurückrechnen zu einem Fehler. Es gilt heute als sicher, dass Jesus zwischen 4 und 7 vor unserer Zeitrechnung geboren wurde.

Wenn nun schon in unserer Zeitrechnung ein Fehler vorliegt, was ist denn dann noch alles falsch an dem, was wir heute mit Weihnachten verbinden?
Leider ziemlich viel. Um kaum ein biblisches Ereignis hat sich ein solcher Wulst von Traditionen gebildet. Das eigentliche Wunder von Weihnachten, nämlich dass Gott als Mensch auf diese Erde geboren wurde, geht oft völlig unter. Ein Mythos bezieht sich auf den Stall, in dem Jesus geboren sein soll. Die Bibel berichtet lediglich, dass Joseph und Maria zur Volkszählung nach Bethlehem kamen. Dort wurde dann irgendwann Jesus geboren und in Windeln gewickelt in eine Krippe gelegt. Maria und Joseph hatten in dem Gästezimmer des Hauses keinen Platz mehr gefunden. Ein typisches Bauernhaus in der damaligen Zeit hatte einen grossen Raum, der in zwei Bereiche geteilt war. Auf einer etwas höher gelegenen Ebene war der Wohnbereich, davor war der Raum für die Tiere, die nachts hereingeholt wurden. Im Boden oder in der Wand befanden sich hier Futtertröge. Wenn das Haus noch ein Gästezimmer hatte, so befand sich dies häufig im zweiten Stock. Es ist anzunehmen, dass Joseph und Maria mit der übli­chen orientalischen Gastfreundschaft in einem Privathaus aufgenommen wurden. Hier bekam Maria ihr Kind. Weil das Gästezimmer bereits belegt war, blieb die junge Familie in dem grossen Wohnraum der Familie, wo das neugeborene Jesuskind in einen der Futtertröge gelegt wurde.

Warum halten Sie die Evangelien, die doch eher von einfachen Männern geschrieben wurden, in ihrer Berichterstattung historisch für glaubwürdig?
Zunächst muss festge­halten werden, dass es unter den Schreibern der Evangelien auch einen Mann wie Lukas gab, der als Arzt durchaus sehr gebildet war. Gerade von ihm stammen ja die ausführlichsten Berichte über die Geburt von Jesus. Und warum sollte ein Bericht unglaubwürdig sein, nur weil der Schreiber keine besondere Schulbil­dung hatte? Zudem wird die Glaub­würdigkeit der Bibel heute durch etli­che archäologische Funde und histori­sche Erkenntnisse unterstrichen.

Auch die Schilderungen der Geburt Jesu?
Ja. Nur ein Beispiel: Lange hiess es, vieles an dem bibli­schen Bericht entspräche nicht den tatsächlichen, historischen Gegeben­heiten. Man behauptete etwa, dass Quirinius zwar eine Volkszählung durchgeführt habe, dies sei jedoch zwölf Jahre später geschehen. Mittlerweile weiss man allerdings, dass auch um 7 v. Chr. ein gewisser Quirinius Statthalter von Syrien war und es mehrere Volkszählungen gegeben hat. Die historische Zuverlässigkeit der biblischen Berichte wird durch solche Forschungsergebnisse in den letzten Jahren sehr stark untermauert.

Gibt es ausserbiblische geschichtliche Quellen, die von Jesus berichten?
Konkret zur Geburt von Jesus nicht. Doch dass Jesus gelebt und gewirkt hat, dass seine Jünger auch nach seinem Tod noch an ihn glaubten und behaupteten, er sei auferstanden, wird dagegen auch von antiken Schriftstellern wie Cornelius Tacitus, Flavius Josephus und anderen bestätigt.

Ein weiterer Stolperstein für viele Menschen ist die Jungfrau Maria, die vom Heiligen Geist schwanger geworden sein soll. Warum kann man Ihrer Meinung nach dieser biblischen Aussage Glauben schenken?
Aus dem gleichen Grund, warum man der Bibel über­haupt glauben und vertrauen kann: Weil man in ihr das Wort des lebendi­gen Gottes erlebt, wenn man sich darauf einlässt. Die Bibel verschweigt ja übrigens keineswegs, dass die Jung­frauengeburt menschlich nicht vor­stellbar ist. Nicht einmal Joseph woll­te diese Geschichte glauben. Gott musste sie ihm noch einmal ganz per­sönlich bestätigen. Auf der anderen Seite wird gerade dadurch unterstri­chen, dass Jesus Gott und Mensch zugleich war.

Warum sollte jemand glauben, dass der einzig wahre Gott gerade in Jesus von Nazareth zur Welt kam und nicht in Gestalt eines Buddha oder Dalai Lama?
Jesus selbst wurde einmal gefragt, woran man denn erken­nen könne, dass seine Worte nicht sei­nen eigenen Ideen entsprängen, son­dern wirklich von Gott seien. Er ant­wortete darauf mit einer ganz konkre­ten Einladung: Wer sich auf seine Worte einlasse, würde erleben, dass sie nicht von einem Menschen, son­dern von Gott selbst stammen. Es gibt in der Tat keinen neutralen Glaubwürdigkeitstest und keine Möglichkeit, die Gottheit Jesu und die Zuverlässigkeit der Bibel als unbeteiligter Dritter zu überprüfen. Aber jeder kann für sich selbst den Test machen, indem er sich auf Jesus einlässt.

Was ist das Besondere daran, dass Gott die Gestalt eines Menschen annahm? Warum sollte der allmächtige Gott sich so etwas antun?
Das ist eine gute Frage. Gott hätte es wirklich nicht nötig gehabt, seinen eigenen Sohn als Mensch auf diese Welt zu schicken und ihm hier die ganze Schuld der Menschen aufzula­den! Gott tut dies aus Liebe zu uns. Er hat nach einem Weg ge­sucht, zugleich seiner Gerechtigkeit und seiner Liebe Ausdruck geben zu können. Das Kreuz, an dem Jesus für uns starb, steht für beides. Hier wird deut­lich, dass Gott nicht „fünf gerade sein lassen” kann. Aber auch seine Liebe wird in ihrer ganzen Tiefe sichtbar.

Datum: 10.12.2006
Autor: Sabine Schmidt
Quelle: Neues Leben

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