Leben

Sehnsucht nach Geborgenheit

Schneller – besser – höher ist nicht nur das Motto ehrgeiziger Sportler, sondern ebenso der Leitsatz unserer Gesellschaft. Einander zu übertreffen ist Anreiz zu noch grösseren Anstrengungen.
Viele Menschen sind permanent überlastet – und sehnen sich nach Geborgenheit.
Der Mensch sehnt sich nach Geborgenheit – das beginnt bereits als Kleinkind.

Das macht uns zu ruhelosen, gehetzten, belasteten Menschen, von denen viele kaum mehr in der Lage sind, frei über ihre eigene Lebensgestaltung zu be­stimmen. Wir leben in einer leistungsorientierten Gesellschaft, da zählt bekanntlich nur der Erfolg.

Permanente Überlastung

Theoretisch haben wir heute weit mehr Freizeit als noch vor 30 Jahren. Aber zu viele Menschen haben trotz­dem keine ausreichenden Erholungs­phasen mehr, in denen Freude getankt, Schweres verarbeitet, Erlebtes reflek­tiert oder gar noch Ziele für die Zu­kunft formuliert werden können.

Eine permanente Überlastung im gesamten Alltag lässt kaum noch zu, in tiefere Schichten unseres Seins vorzudringen. Unsere wichtigsten zwischenmensch­lichen Beziehungen haben immer we­niger Tiefgang, weil Ruhe und Zeit feh­len, um sich nahe zu kommen.

Da wir ständig unter Druck stehen, sind wir ausgebrannt, unmotiviert und werden dennoch weiter getrieben. Zusätzlich halten Reizeinflüsse von allen Seiten Geist, Seele und Leib in ständiger An­spannung. In dieser Situation über Ge­borgenheit nachzudenken, ist Luxus.

Bedürfnis nach Anerkennung und Liebe

Wieso denken wir, überall mithalten, den gängigen Mustern entsprechen zu müssen? Es geht letztlich um unseren Selbst­wert. Wir haben das Bedürfnis, wert­voll, geachtet zu sein. Es mag sein, dass uns nicht bewusst ist, wie viel wir tag­täglich tun, um diesen Wunsch zu be­friedigen.

Die Angst, in die Bedeu­tungslosigkeit abzusinken, sitzt tief. Das Sehnen nach Wertschätzung entspringt unseren Grundbedürfnissen: Anerkennung, Geborgenheit/Liebe, Gerechtigkeit, Sicherheit und Voll­kommenheit.

Diese sind von unserem Schöpfer in uns angelegt, denn er plante ursprünglich, sie auch zu erfül­len. Und er möchte dies bis heute tun. Aber der Mensch lehnt Gottes Herr­schaft in seinem Leben ab. Somit ist er im Streben nach Bedürfnisbefriedi­gung auf sich selbst geworfen.

Tiefer Wunsch nach Ruhe

Tatsache ist, dass wir tiefe Bedürf­nisbefriedigung nie dauerhaft durch ei­genes Bemühen erfahren werden. Schwierige, nicht selbst verschuldete Umstände können das Leben zusätz­lich stark belasten.

Das Dilemma bleibt: Einerseits besteht der Anspruch, überall mithalten zu wollen, anderseits aber auch der tiefe Wunsch nach Rück­zug, nach Unerreichbarkeit; wir seh­nen uns zunehmend nach Ruhe, Ge­borgenheit und Zugehörigkeit.

Geborgen sein heisst, Zuflucht finden. Wir brauchen ei­nen Ort, wo wir uns ohne Konkurrenzdruck in einem angstfreien Raum auf­halten können, wo wir uns weder be­haupten noch verteidigen müssen, wo wir ganz einfach angenommen sind, Verbindlichkeit und Vertrauen erle­ben.

Ein Stück Heimat

Das kann auch an einem Platz sein, der uns durch wichtige Erleb­nisse vertraut ist, wo wir ein Stück «Heimat» gefunden haben, verwurzelt sind. Wir brauchen ebenso einen Ort, wo wir unerreichbar sind für unsere Antreiber, um uns in Ruhe neu aus­richten zu können, denn bekanntlich kann nicht Geschwindigkeit wettma­chen, was einem an Richtung fehlt. Es ist notwendig, einen Platz zu haben, um ungestört aufzutanken. Auf Dauer können wir nicht mehr von uns ge­ben, als wir erhalten, sonst entsteht ein Ungleichgewicht.

Die in uns angelegte Sehnsucht nach Liebe, Annahme und Sicherheit beinhaltet den Wunsch nach Gebor­genheit, und sie bestimmt unser Leben ganz entscheidend. Solange dieses Be­dürfnis nicht befriedigt ist, werden wir auf der Suche nach erfülltem Leben rastlos unterwegs sein.

In unserer schnelllebigen, hekti­schen Zeit könnte sich die Frage auf­drängen, ob denn nicht die Gefahr be­stehe, das Verweilen in wohliger Ge­borgenheit, diese schützende Oase der Ruhe zu oft aufzusuchen, um dadurch dem Druck der Aussenwelt auszuwei­chen. Andauernde Fluchtgedanken oder Rückzugswünsche sollten hinter­fragt werden. Trotzdem ist es immer sinnvoll, Unterschlupf zu suchen, be­vor die Antreiber uns in ihre Gewalt gebracht haben.


Welche Antreiber sind zu benennen?

  • In Vergleichen besser abschneiden steigert den Selbstwert.
  • Erfolg bringt Anerkennung und Wohlstand.
  • Möglichst überall auf dem neusten Stand sein, verschafft Aufmerksam­keit und Vorsprung.
  • Lebensmuster aus der Kindheit wie die Frage: «Was denken denn die Leute?»
  • und andere.

Getrieben werden wir auch durch ein Übermass an Arbeit, gesellschaftli­chem Gleichstellungsdruck, Reizüber­flutung usw. Sind wir überhaupt noch in der Lage, unsere Prioritäten selber zu bestimmen?

Fehlende Geborgenheit

Geborgenheit spielt bereits vor der Geburt eine entscheidende Rolle. Das ungeborene Kind liegt behütet im Bauch der Mutter. Nach der Geburt wird es abgenabelt und macht bereits nach relativ kurzer Zeit seine ersten Schritte in die Selbstständigkeit. Dabei braucht das Kind neben anderem noch lange den Körperkontakt, die bergende Nähe zur Mutter oder anderen Bezugspersonen.

Wenn das Bedürfnis nach Geborgenheit in den ersten Lebensjah­ren nicht gestillt wird, kann es im spä­teren Leben schwierig sein, gesundes Selbstvertrauen und Aussenbeziehun­gen zu entwickeln.

Fehlende Geborgenheit weckt Ängste. Jede Angst ist letztlich immer Verlustangst. Aus Angst vor Liebesver­lust etwa passen sich Menschen über­mässig an, wird Schuld anderen zuge­schoben, wird vieles auch gegen die ei­gene Überzeugung getan, um ja nicht abgelehnt zu werden.

Menschen, die ihren Platz in dieser Welt gefunden haben, leiden weniger unter Angst als andere. Anderseits ge­hört ein bestimmtes Mass an Angst zum normalen Leben. Angst ist gleichzeitig ein Schutzmechanis­mus. Ohne Angst würden wir man­ches unbeherrscht und gefährlich an­gehen. Angst bleibt aber letztlich ein Gefühl der Unheimlichkeit, des Nicht-zu-Hause-Seins, der Schutzlosigkeit.

Ungeborgene Menschen leiden unter mangelndem Selbstwert

Eine unmittelbare Auswirkung feh­lender Geborgenheit ist zum Beispiel die Angst vor Entscheidungen, vor Fehlern und davor, keine Fluchtmög­lichkeit zu haben. Unsere Umwelt ist voller ungeborgener Menschen, die be­sonders unter mangelndem Selbst­wert, unter Zweifeln, Liebesunfähig­keit, Enttäuschungen und vielem mehr leiden.

Es gibt diese Schutzzone, eine feste Burg, wo wir ruhen, angstfrei neue Energie und Lebensfreude auftanken können. Ein Ort, wo wir auch schwach sein dürfen, ohne verachtet zu werden. Gott macht uns das ent­sprechende Angebot. Seine Zusagen in der Bibel wie: «Fürchte dich nicht, denn ich bin bei dir; hab keine Angst, denn ich bin dein Gott! Ich mache dich stark, ich helfe dir, mit meiner siegrei­chen Hand beschütze ich dich!» gel­ten heute noch. Er bietet uns Gebor­genheit in der Ungeborgenheit und Heimat in der Heimatlosigkeit unserer Welt an.

Wer bei Gott einkehrt, erfährt Geborgenheit

Von Pastor Werner Penkazki stammt die Aussage: «Wer bei Gott einkehrt, der erfährt Geborgenheit. Geborgenheit ist in Gott selber begründet. Er ist der Höchste, der Herrscher über Himmel und Erde. Er ist sowohl Schirm – das heisst: Er bietet Schutz – als auch Schatten – das bedeutet Erquickung und Stärkung.»

Die Angst zu versagen, die den ru­helosen Lebensstil begleitet, ist aber nicht zu überwinden durch die blosse Anerkennung Gottes, sondern nur durch eine persönliche Beziehung zu ihm. Jesus Christus hat dies durch sei­nen Tod am Kreuz und seine Auferste­hung möglich gemacht. Nur durch die Beziehung zu ihm wird erfahrbar, dass Gott grösser und mächtiger ist als al­les, was mich ängstigt.

Mehr zum Thema:
Wie kann ich Gott finden?
Jesus – die Antwort Gottes?


Buch zum Thema:
Max Lucado: In den Armen Gottes

Datum: 23.06.2011
Autor: Katharina Fischer
Quelle: IVCG Reflexionen

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