Leiden passt einfach nicht mit der Vorstellung der Welt von Erfolg oder mit der Theologie von Gottes Güte und siegreichem Leben in Gott zusammen. Dabei sprach Jesus selbst oft über das Leiden. Genau wie Petrus und die Jünger, denen Christus sein bevorstehendes Leiden und seinen Tod ankündigte, sind wir versucht zu antworten: „So etwas darf dir nicht zustossen“ (Die Bibel, Matthäus, Kapitel 16, Vers 22)! Ist es dennoch möglich, dass unsere Sicht von Leiden durch weit verbreitete Ansichten gefärbt wurde, die wir einfach gedankenlos übernommen haben? Als ich in meinem eigenen Leben mit einer unheilbaren Krankheit konfrontiert wurde und leidvollen Erfahrungen ausgesetzt war, musste ich mich neu mit Gottes Wort von Trost auseinandersetzten. Dabei habe ich fünf Lügen herausgefunden, die uns in Zeiten des Leidens erschrecken, und an Gott zweifeln oder verzweifeln lassen. Kurz nach meiner Diagnose las ich einige Worte des Apostels Paulus: „Christus will ich immer besser kennen lernen und die Kraft seiner Auferstehung erfahren, …“ (Die Bibel, Philipperbrief, Kapitel 3, Vers 10). Ich betete leidenschaftlich: „Ja, Herr, ich möchte dich besser kennen lernen!“ Aber als ich weiter las – „… und auch seine Leiden möchte ich mit ihm teilen“ – verstummte ich. Der Gedanke daran, für Leiden zu beten, liess mich schaudern. Warum betete Paulus um Gemeinschaft mit Jesus auch im Leiden? Ich begann mich zu fragen, ob er vielleicht von etwas wusste, das wir unbewusst in unserer Anstrengung, Leiden zu vermeiden oder durchzustehen, vermissen. Die Bibel sagt eindeutig, dass Bedrängnis und Trübsal daran arbeiten, uns vollkommener und reifer zu machen: „Wenn in schwierigen Situationen euer Glaube geprüft wird, dann freut euch darüber. Denn wenn ihr euch darin bewährt, wächst eure Geduld“ (Jakobus, Kapitel 1, Verse 2-3). Leiden hat für den Gläubigen eine ähnliche Wirkung wie Dünger auf der Saat des Glaubens. Wir verabscheuen den Gestank des Düngers genauso wie den Gedanken an das Leiden. Doch ebenso wie Dünger, der nur ein Abfallprodukt zu sein scheint, nährt Leiden die wachsenden Früchte des Glaubens und der Reife im Garten unseres Lebens. Wahr ist: Geistliche Entfaltung, um die wir uns wünschen, wird durch Missgeschicke gedüngt. Oft schwankten meine Gefühle zwischen Frieden und Sorge, wenn mein Körper mit unberechenbaren Symptomen zu kämpfen hatte. Wie konnte ich jetzt bloss noch Freude empfinden, während meine Gesundheit verloren ging, ebenso wie meine Unabhängigkeit, meine Träume und eine Liebesbeziehung? Ein Beter schreibt in Psalm 126: „Die mit Tränen säen, werden mit Jubel ernten. Weinend gehen sie hinaus und streuen ihre Samen, jubelnd kehren sie zurück, wenn sie die Ernte einholen“ (Die Bibel, Psalm 126, Verse 5 und 6). Als Gott mir die Saat von Trauer und Zerbruch gab, wollte ich sie beiseite schieben und ihn anflehen, mir stattdessen die Saat von Freude und Frieden zu geben. Doch dann wurde mir klar, dass Freude und Frieden Früchte sind, die oft auf geheimnisvolle Weise durch die Saat des Leidens geboren werden. Nur, wenn wir diese unattraktive Saat willig annehmen und ihm erlauben, sie in unserem Leben auszusähen, werden Freude und Frieden aufblühen. Wahr ist: Wenn wir Leiden und Kummer annehmen, werden sie in unserem Leben zu Samen der Freude und des Friedens. Nachdem viele Monate vergangen waren, ohne dass Gott trotz vieler Gebete um Heilung etwas tat, begann ich mich zu fragen: Habe ich irgendetwas getan, das der Grund dafür sein könnte? Ist dies ein Zeichen von Gottes Urteil über mich? Der Feind, der nur darauf wartete, dass mein Geist und mein Körper erschöpft waren, um mich angreifen zu können, redete mir ein, dass Gott mich verdammt – oder übersehen – hatte. Doch als ich wieder zur Bibel zurückkehrte, entdeckte ich die Wahrheit: „Denn ihr habt nicht nur das Vorrecht, an Christus zu glauben, ihr dürft auch für ihn leiden“ (Die Bibel, Philipper, Kapitel 1, Vers 29). Mein Pastor sagte einmal: „In Gottes Augen ist das Mass unseres Schmerzes manchmal das Mass unseres Erfolges.“ Warum? – Weil Leiden uns dem Urheber unserer Errettung ähnlicher macht. Eigentlich ist es ein Zeichen seiner Gnade, dass er uns erlaubt zu leiden! Er kümmert sich so sehr um uns, dass er alles, was irgend möglich ist, tun wird, damit wir ihn besser kennen lernen und ihm ähnlicher werden können. Gott prüft uns nicht, wie der Feind es uns gerne einreden will, nur um sehen, wie viel wir aushalten können. Wahr ist: Bedrängnis, die Gott zugelassen hat, ist ein Zeichen seiner Gnade – in unserem Leben, wie auch in der Liebe zu uns. In den schlimmsten Zeiten meiner Krankheit suchte ich nach Ermutigungen für meinen Geist. Ich befasste mich daher intensiv mit den Aussagen der Bibel über Trübsal und nahm die gefundenen Verheissungen in Anspruch. So fand ich zunächst Trost in den Worten von Petrus: „Meine lieben Freunde, erschreckt nicht über die schmerzhaften Prüfungen, die ihr jetzt durchmacht, als wären sie etwas Ungewöhnliches. Freut euch darüber, denn dadurch seid ihr im Leiden mit Christus verbunden, und ihr werdet euch auch sehr darüber freuen, wenn er in seiner Herrlichkeit erscheint (Die Bibel, 1.Petrus, Kapitel 4, Verse 12–13). Trotzdem: Der Feind begann sehr schnell, mich anzugreifen mit Gedanken wie: „Diese Verse gelten nicht für dich! Sie sind für diejenigen, die freiwillig um des Evangeliums Willen leiden. Dein Leiden ist einfach auf dich zugekommen, es ist nicht das Ergebnis deines Gehorsams gegenüber Gott.“ – Ich musste zustimmen. Ich wurde nicht um Christi Willen verachtet. Vielleicht hatte der Betrüger Recht und mein Leiden brauchte einen wirklichen geistlichen Bezug. Völlig verzweifelt, weil mein Leiden überhaupt keinen Sinn mehr ergab, stolperte ich in einer Nacht über eine Aussage von C. S. Lewis. Auf den Brief einer Frau, die über ihre vielen Probleme klagte (von Zahnschmerzen bis hin zu Geldproblemen), antwortete der britische Literaturprofessor: „Denken Sie immer daran, dass Armut und anderer Mangel, wenn es freudig akzeptiert wird, den ganzen Wert von freiwilliger Armut und Busse hat.“ Diese Wort gaben mir unglaublichen Trost. Wahrheit ist: Alles Leiden ist für Gott wertvoll, wenn wir es annehmen und unsere Not an ihn abgeben. Als ein weiteres Jahr vergangen war, betete ich noch einmal: „Herr, bitte lass dieses neue Jahr ein Jahr der Heilung sein.“ Auch, wenn ich durch das Leiden reifer geworden bin, war ich die Kämpfe langsam leid. „Genug, Herr!“, hätte ich am liebsten gesagt. „Bin ich nicht lange genug eingeschränkt gewesen?“ Ich sehnte mich danach, dass er mich endlich von den Prüfungen befreien und all die Verluste, die ich erdulden musste, wiederherstellen würde. Wenn Gott Gott wäre, könnte er dies tun, oder? Wenn er ein liebender Gott wäre, würde er dies tun, oder? Ich war versucht zu glauben, dass Gott, wenn er sich wirklich um mich kümmern würde, wenn er wirklich allmächtig wäre, die Schmerzen wegnehmen würde. Doch gerade als ich mein Gebet fortsetzen wollte, stolperte ich über den Schatz, den ich wirklich vermisst hätte, wenn ich Heilung als das einzige Zeichen seiner Liebe angesehen hätte. Gott nimmt meistens unser Leiden nicht weg. Er tut etwas viel besseres: Er kommt in unser Leiden hinein. Jesus kommt mitten in unseren Schmerz hinein und trägt ihn mit uns. Denn „er ist allen nahe, die verzweifelt sind. Er rettet die, die den Mut verloren haben“ (Die Bibel, Psalm 34, Vers 19). Endlich verstand ich, warum Paulus betete, Jesus auch im Leiden kennen zu lernen: Um mich mehr mit ihm identifizieren zu können, muss ich seine Leiden teilen, indem ich sie selbst erlebe. Welcher Art auch immer unser Leiden ist – es mit ihm zu teilen, schmiedet ein enges Band der Intimität. Nichts, weder Heilung noch Wiederherstellung noch Erfolg, kann mit dieser innigen Gemeinschaft verglichen werden. Wahrheit ist: Leiden kann uns helfen, Jesus kennen zu lernen, und vertieft unsere Gemeinschaft mit ihm. Autor: Stacey S. PadrickLüge Nr. 1: Leid bewirkt nur Negatives und muss um jeden Preis vermieden werden
Lüge Nr. 2: Freude und Frieden können wir nur in guten Zeiten erleben
Lüge Nr. 3: Leiden ist immer ein Zeichen für Gottes Missfallen oder Gericht
Lüge Nr. 4: Nur freiwilliges Leiden für „die Sache Gottes“ hat Wert in Gottes Reich
Lüge Nr. 5: Wäre Gott wirklich gut, würde er mir das Leiden nehmen
Datum: 29.05.2008
Quelle: Neues Leben