Die wachsenden evangelischen Gemeinden im Südsudan brauchen dringend Pfarrer und Gemeindeleiter. Ein südafrikanisches Ehepaar erzählte idea von seinen Bemühungen, Verantwortliche für die sudanesischen Gemeinden auszubilden. Sie nennen sich Pastor Caleb und Ärztin Susan, sind ein junges südafrikanisches Ehepaar und reisen seit drei Jahren regelmässig in den Sudan, besuchen Gemeinden an verschiedenen Orten und bieten Ausbildungsprogramme für Gemeindeleiter, Sonntagsschullehrer und Frauengruppenleiterinnen an. Inzwischen ist in einer Ortschaft 82 Kilometer von der ugandischen Grenze entfernt auch eine grössere Bibelschule entstanden, in der Studierende aus acht verschiedenen Denominationen und elf Stämmen zusammenkommen. Dies sei ein wahres Wunder, sagt Caleb, denn im Sudan ist die Kirche sehr zersplittert. Schon seit der Kolonialzeit verlaufen gewisse konfessionelle Grenzen auch entlang der Stammesgebiete. An dieser Einteilung wurde bis zum erneuten Ausbruch des Bürgerkrieges 1983 nichts geändert. Erst die Folgen des Krieges mit den Flüchtlingsbewegungen brachten eine Aufweichung der starren ethnisch-konfessionellen Grenzen. Die konfessionelle Aufsplitterung hängt auch mit der Lebensweise der Stämme zusammen. Der Besitz und Reichtum vieler Ethnien beruht auf den Viehherden. Viele unter ihnen leben als halbnomadische Hirten. Am bekanntesten unter ihnen sind die Dinkas. Häufig gibt es Auseinandersetzungen zwischen den Stämmen, Raubzüge und Viehdiebstahl in den Herden benachbarter Stämme. Der Krieg mit dem muslimischen Norden, in dem die Menschen praktisch alle Sicherheit verloren, brachte auch eine erstaunliche Hinwendung zum Christentum. Und er brachte auch viel Engagement für die Evangelisation. Pastor Caleb ist Christen begegnet, die ausserordentliche Anstrengungen und Risiken auf sich genommen haben, um die christliche Botschaft in andere Dörfer zu tragen. Ein erstaunliche Entwicklung gebe es auch innerhalb der bedeutendsten Widerstandsarmee im Süden (SPLA), die sich von einer von kommunistischem Gedankengut geprägten Guerilla-Truppe seit dem Fall der Sowjetunion stärker demokratischem Gedankengut öffnete. Wohl als Folge der kleinen Erweckung im Südsudan halte auch in der SPLA christliches Gedankengut Einzug, sagte Caleb. Heute scheine die SPLA-Leitung auch bereit, Kirchen und Christen zu schützen und christliche Aktivitäten zu unterstützen. Im Sudan ist nach einem Jahr Friedensgespräche und Waffenruhe zwischen Armee und SPLA die Hoffnung auf wirklichen Frieden noch verhalten. Zwar kam es nach neuen Verhandlungen zwischen SPLA-Führer John Garang und Vize-Ministerpräsident Ali Osman Taha Ende September zu einem Abkommen. Ob damit aber eine dauerhafte Waffenruhe hergestellt werden konnte, ist noch sehr ungewiss. Zu verschieden sind die Interessen im flächengrössten Land Afrikas. Neben der Frage der Autonomie für den Süden und einer Reform der Armee spielt dabei das Erdöl im Süden eine wichtige Rolle. Bisher beanspruchte die Regierung stets, die grossen Ölvorkommen zu kontrollieren und auszubeuten. Das wiederum wird in der erstarkten Widerstandsbewegung nicht akzeptiert. Nicht zuletzt befürchtet man im animistisch-christlichen Süden, dass es durch das Friedensabkommen zu einer Islamisierung kommen könnte mit dem Ziel, letztlich auch im Süden des Landes die Scharia wieder einzuführen. Die Christen im Sudan leiden, wie die gesamte Bevölkerung, unter den verheerenden Folgen eines jahrzehntelangen Krieges. Hunger, Krankheiten und Angst vor weiterer Zerstörung gehören zum Lebensalltag. Eine systematische Christenverfolgung gebe es dagegen im Süden, wo nur wenige Moslems leben, nicht, sagte Susan. Zu sporadischen Übergriffen auf Christen durch Animisten komme es gelegentlich schon. Den evangelischen Kirchen nicht gut gesinnt seien zudem Kirchen, die den Synkretismus (Ahnenkult verbunden mit christlichen Elementen) pflegten. Kasten:
Raubzüge auf Viehherden der Nachbarstämme sind ein Grund, warum das Christentum im Südsudan konfessionell noch zersplittert ist. Nun hat der Bürgerkrieg in den 80er und 90er-Jahren eine Art Erweckung ausgelöst, welche diese Situation grundlegend zu verändern scheint.
Von Thomas Hanimann
Multi-konfessionelle BibelschuleViehraub und Erweckung
Brüchige Waffenruhe
Kaum Christenverfolgung
In mehreren Schweizergemeinden stellte das südafrikanische Mitarbeiterehepaar von Offene Grenzen vergangene Woche ihre Projekte vor. Für weitere Auskünfte und die Unterstützung der Ausbildungsprojekte für die Gemeinden im Südsudan gilt folgende Adresse:
Offene Grenzen, Postfach 267,
1008 Prilly,
Postkonto: 34-4791-0
Vermerk: Ausbildung Sudan
Datum: 13.10.2003
Autor: Thomas Hanimann
Quelle: idea Schweiz