Jesus als Vorbild (8): Der Mann, der aneckt, weil er das Gute will

Jesus ist nicht der Weisheitslehrer, der zu allem überlegen-gütig nickt und über Missliches in seiner Umgebung tolerant hinwegsieht. Seine Freunde, die mit ihm unterwegs sind, bekommen regelmässig deutliche Worte zu hören.
Bild: The Passion of the Christ


Bild: The Passion of the Christ

Wo weist er die ihm besonders nahestehenden Johannes und Jakobus scharf zurecht, weil sie ein Dorf, das die Botschaft von Jesus nicht hören will, mit Feuer vom Himmel strafen wollen. Nicht in der grossen Gruppe, sondern zu zweit sendet er sie auf eine Predigt- und Heilungstour – zwar mit der besten aller Botschaften, aber „wie Schafe unter die Wölfe“.

Jesus tadelt die Jünger wegen ihres Unglaubens, wie er sieht, dass sie nicht imstande sind, einen von Epilepsie geplagten Knaben zu heilen. Er fragt seine Männer, denen im sturmgepeitschen Boot aller Mut entfallen ist: „Wo ist euer Glaube?“ Jesus beharrt auf einer Persönlichkeitsschulung, die sie über die Grenzen hinausführt und diverse schmerzhafte Momente einschliesst.

Seine Mutter Maria und seine Brüder müssen akzeptieren, dass er nun einer anderen, grösseren Gemeinschaft verpflichtet ist. Sie verlangen ein Gespräch mit ihm an einem Tag, da er von Ratsuchenden umlagert ist und lehrt. Da macht er klar, dass diese Leute – alle, die den Willen Gottes tun wollen – seine wahre Familie ausmachen.

Jesus ist unablässig darauf aus, den Menschen wohl zu tun. Dies schliesst auch ein, dass er mit aller Kraft und Entschiedenheit Dinge ihrer guten Bestimmung zuführt. Dass er hinweist auf Gottes ursprüngliche Absichten. Gelehrte stösst er vor den Kopf mit einer Äusserung zur gängigen Scheidungspraxis (mit einem regelrecht ausgefertigten Brief kann der Mann die Frau aus der Ehe entlassen).

„Dass ihre eure Frauen so wegschicken könnt, war bloss ein Zugeständnis des Gesetzgebers Mose an eure Hartherzigkeit“, stellt Jesus unzeitgemäss-frauenfreundlich klar. „Im Anfang, als Gott die Menschen schuf, war es nicht so. Was Gott zusammengefügt hat, soll der Mensch nicht scheiden.“ Dieses radikale, auf den Grund der Sache zurückweisende Wort ist auch für seine engsten Freunde starker Tobak. „…dann empfiehlt es sich ja für den Mann gar nicht zu heiraten!“, heisst es im Jüngerkreis.

Mit seinem unbeirrbaren Willen zum Guten eckt Jesus an; er provoziert und löst Auseinandersetzungen aus. Der Mann aus Nazareth in Galiläa ist seit seiner Kindheit zum jährlichen Passafest nach Jerusalem gereist. Nun aber betritt er den Tempel, das grossartige Heiligtum Gottes in der Hauptstadt, an der Spitze einer Schar von Männern, die in ihm den Erneuerer ihrer Religion sehen. Im Vorhof bieten Händler Rinder und Schafe und Tauben feil. Daneben sitzen Geldwechsler, die die Münzen der Festpilger aus aller Herren Länder umtauschen.

Jesus nimmt Seile zur Hand, bündelt sie – und geht auf die Geschäftsleute los! Er treibt sie weg! Die Geschäftemacher samt ihren Tieren! Den Wechslern, die hier ihre besten Geschäfte machen, stösst er gar die Tische um – die Münzen rollen über den Boden. Verblüfft und sprachlos stehen die Leute da.

Die Männer jedoch, die das Business in den heiligen Hallen zugelassen haben, stellen ihn zur Rede: „Wie beweist du uns, dass du die Autorität hast, so dreinzufahren?“ Jesus antwortet mit einem rätselhaften Satz, den seine Jünger erst viel später, nach seinem Tod und Auferstehen nach zwei Tagen verstehen: „Brecht diesen Tempel ab, und in drei Tagen will ich ihn aufrichten.“ Mit diesem Satz weist Jesus darauf hin, dass er selbst, in seiner Person, die Beziehung zwischen den Menschen und Gott (die der Tempel ermöglichen soll) auf eine neue Basis stellt.

Das Gute, das Jesus will, lässt sich erst auf dieser von ihm geschaffenen Grundlage umfassend verwirklichen. Dann nämlich, wenn Gott mit seinem Heiligen Geist die Menschen erfüllt, wenn er sie mit der Kraft, die Jesus aus dem Grab reisst, verwandelt und zum Tun des Guten befähigt. Im Blick auf diese neue Zeit versichert Jesus einmal seinen Freunden: „Wer im Glauben mit mir verbunden bleibt, wird die gleichen Taten vollbringen, die ich tue. Ja, er wird noch grössere Taten vollbringen, denn ich gehe zum Vater.“

Zur Artikelserie:
Jesus als Vorbild (1): Freude am Leben – und Sehnsucht nach mehr
Jesus als Vorbild (2): Er liebt die Menschen
Jesus als Vorbild (3): Friedensstifter in unruhiger Zeit
Jesus als Vorbild (4): Ein grosses Herz für die Menschen
Jesus als Vorbild (5): Die Freundlichkeit Gottes in Person
Jesus als Vorbild (6): Jetzt können Versager hoffen
Jesus als Vorbild (7): Kraftvoll und gelassen
Jesus als Vorbild (9): Ein Diener, der alles auf den Kopf stellt
Jesus als Vorbild (10): König der Herzen
Jesus als Vorbild (11): Perspektiven für ein gelingendes Leben

Datum: 18.01.2006
Autor: Peter Schmid
Quelle: Jesus.ch

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