Fit für die Gemeinde von morgen
Aufbaustudiengänge verzeichnen ein deutliches Wachstum (1350 Studierende gegenüber 1163 im Vorjahr). In der Deutschschweiz haben die allermeisten Freikirchen kein eigenes Seminar; vermehrt betreiben sie indes die Ausbildung ihres Leiternachwuchses in eigener Regie. Die Pfingstmission, Bewegung plus, ICF und neuerdings auch die freien charismatischen Gemeinden (FCGS) setzen primär auf interne Schulungen. Dadurch beschäftigen sich die Studierenden weniger mit anderen Kirchen und der Breite der christlichen Tradition.
Um Studierende werben
Fritz Peyer, Rektor des Instituts für Gemeindebau und Weltmission IGW in Zürich, folgert: «Die Schulen sind im Marketing gefordert, sie müssen in den neuen Medien präsent sein.» IGW betreut an seinen Standorten in der Schweiz und in Deutschland sowie mit Fernkursen über 300 Studierende.
Solide Studiengänge in der Postmoderne
Was gilt in der Postmoderne die über Jahrzehnte erarbeitete Kompetenz von Bibelschulen und Seminarien? Vom theorielastigen Bildungsverständnis ist man abgekommen; gewünscht wird ein Lernen nahe an der Gemeindewirklichkeit und relevant für die eigene geistliche Entwicklung. Viele junge Christinnen und Christen suchen laut Bernhard Ott von der Europäischen Evangelischen Akkreditierungsvereinigung (EEAA) modular aufgebaute Studiengänge, in denen sie Credits sammeln können. An der EEAA-Konferenz Ende Oktober betonte der Londoner Professor und Autor Alister McGrath, dass die wirksame Auseinandersetzung mit Zeitströmungen eine gründliche theologische Ausbildung voraussetzt, die «historisch verwurzelt und gegenwartsrelevant ist».
Akkreditierung – nicht ein- für allemal
Das Streben nach staatlich anerkannten Abschlüssen hält die bibelorientierten Ausbildungsstätten auf Trab. Die Staatsunabhängige Theologische Hochschule Basel, die seit Jahrzehnten den Master in Theologie vergibt, bemüht sich um Akkreditierung als universitäre Institution im Bologna-System. In Deutschland sind die Ausbildungsgänge sieben evangelikaler Schulen staatlich anerkannt worden. Bei anderen spürt Ott eine «gewisse Nervosität», denn die Validierung durch Universitäten im angelsächsischen Raum – der im letzten Jahrzehnt vielfach beschrittene Weg – bleibt fragil.
Das Theologische Seminar St. Chrischona ist von drei Schulen, die sich bei der britischen Middlesex-University anbanden, allein übrig geblieben. Bienenberg und das Theologisch-diakonische Seminar TDS Aarau hatten für ihr Masterprogramm einen Vertrag mit der University of Wales. Nach seiner Kündigung 2009 durch die Waliser hat Bienenberg zur Gruppe der Schulen gewechselt, deren Abschlüsse die University of South Africa über die Gesellschaft für Bildung und Forschung in Europa anerkennt. Das Master-Programm wird weiterhin gemeinsam mit dem TDS angeboten.
Gute Aussichten für Absolventen
Die Nachrichtenagentur idea fragte für die Statistik der Studierendenzahlen bei 49 Ausbildungsstätten in Deutschland, Österreich und der Schweiz nach. Die Mehrzahl der Einrichtungen ist in zwei Dachverbänden organisiert: der Konferenz Missionarischer Ausbildungsstätten (KMA) und der Konferenz Bibeltreuer Ausbildungsstätten (KBA). Daneben gibt es die Ausbildungsstätten der Freikirchen und eine Reihe freier Schulen.
Der KMA-Vorsitzende und Leiter der Wuppertaler Evangelistenschule Johanneum, Burkhard Weber, sieht ausgezeichnete Berufsaussichten für Absolventen theologischer Ausbildungsstätten. Derzeit gründeten viele deutsche Kirchgemeinden Fördervereine, um hauptamtliche Mitarbeiter einzustellen. Zur Umfrage meinte Weber gegenüber Livenet, aussagekräftiger als die Zahl der Studierenden wäre die Zahl jener, die nach dem Abschluss tatsächlich in den vollzeitlichen Verkündigungsdienst gehen und als Pastoren und Jugendarbeiter tätig sind.
Mehr Quereinsteiger
Neben den jungen Christen, die mit einem staatlich anerkannten Abschluss beruflich weiterkommen wollen, gibt es vermehrt ältere Quereinsteiger und ehrenamtlich aktive Christen, die ihre theologischen und Bibelkenntnisse in einzelnen Kursen vertiefen. Das Angebot wächst. So bietet das TDS Bienenberg Kurse in Konflikttransformation an, IGW ein CAS Turnaround für das Leiten von Veränderungsprozessen in Gemeinden. Schulen können jedoch ihr Angebot nicht beliebig auffächern – und sie wollen, so Bernhard Ott, mehr sein als «Zulieferer von Bildungsmodulen für die Biografie der Studierenden».
Die Übersicht der Ausbildungsstätten und ihrer Studierenden findet sich im neuen idea Spektrum 44/2011.
Webseiten:
Institut für Gemeindebau und Weltmission IGW
Theologisches Seminar Bienenberg
Europäische Evangelische Akkreditierungsvereinigung
Staatsunabhängige Theologische Hochschule Basel
Theologisches Seminar St. Chrischona
Theologisch-diakonisches Seminar TDS Aarau
Gesellschaft für Bildung und Forschung in Europa
Konferenz Bibeltreuer Ausbildungsstätten
Evangelistenschule Johanneum
Kurse in Konflikttransformation
CAS Turnaround
Datum: 02.11.2011
Quelle: ideaSpektrum Schweiz