50 Jahre «Medieninitiative PRO»

Christoph Irion – warum ein Journalist vom «Tatort» träumt

Christoph Irion
Gerade feiert die «Christliche Medieninitiative PRO» in Wetzlar, Berlin und Jerusalem ihren 50. Geburtstag. Aus diesem Anlass sprach Livenet-Redaktor Hauke Burgarth mit Geschäftsführer Christoph Irion.

Vor einem halben Jahrhundert taten sich ein paar Christen zusammen mit dem Ziel, «mehr Evangelium in den Medien» zu erreichen – so ihr damaliges Motto. Sie gründeten dazu die «Konferenz evangelikaler Publizisten» (KEP), aus der im Laufe der Jahre die «Medieninitiative PRO» wuchs. Über die Geschichte des Medienhauses berichtete Livenet bereits, hier folgt eine kurze Vorstellung des Mannes, der es seit über zehn Jahren als Geschäftsführer leitet: Christoph Irion (61). Wer ist er? Wie kam der Vollblutjournalist dazu, sich in einem christlichen Werk zu engagieren? Und was sind seine Erwartungen und Träume?

Was für ein Mensch ist Christoph Irion?
Christoph Irion:
Auf jeden Fall ein neugieriger Mensch. Das ist sicher der Grund gewesen, warum ich Journalist geworden bin.

Wann haben Sie zum ersten Mal von der Christlichen Medieninitiative gehört?
Das war Mitte der 90er Jahre, und es war eine klassische Art des Kennenlernens. Ich war damals Redakteur im Axel-Springer-Verlag, bei der BZ und Berliner Morgenpost, und Wolfgang Baake, der damalige Geschäftsführer der KEP, lud mich zum Essen ein, weil er ein Netzwerker war und erfahren hatte, dass ich als Christ in den Medien arbeitete. Bei meiner Arbeit war ich immer wieder mit Fragen konfrontiert wie: Welche Verantwortung trage ich als Journalist und Christ? Welche christlichen Themen passen in die Medien? Und oft kam ich zum Ergebnis: Das passt hier nicht. Gleichzeitig habe ich mich gefreut, wenn ich Reportagen oder Portraits gelesen oder im Fernsehen gesehen habe, wo Menschen fröhlich und natürlich von ihrem Glauben gesprochen haben. Das fand ich immer ansteckend und ich fand’s auch journalistisch relevant.

Wie sind Sie selbst mit dem christlichen Glauben in Berührung gekommen?
Das war in meinem Fall ganz unspektakulär. Ich wuchs in einer christlichen Familie auf und wir gingen in meiner Kindheit in eine Baptistengemeinde. Weil meine Eltern aber ursprünglich aus der Landeskirche kamen, habe ich immer mehr gesehen als nur die eigene Kirche. Im Alter von 15, 17 Jahren hatte ich verschiedene Erlebnisse, Begegnungen mit Menschen, aber auch mit dem lebendigen Gott direkt, wo ich erfahren habe, dass er lebt, mir nah ist und jemand ist, der mich heil machen kann und will.

Sie haben Politologie studiert, Journalismus gelernt und dann erst bei SAT1, der BZ, der Berliner Morgenpost, der WELT und schliesslich als Chefredakteur beim Reutlinger General-Anzeiger gearbeitet. 2014 sind Sie zur Christlichen Medieninitiative gewechselt. Da waren Sie 49. Wollten Sie mehr Ruhe oder noch einmal neu starten?
Ich hatte bereits vieles getan und gesehen, Herausforderungen und Erfolge erlebt. Damals war ich seit neun Jahren Chefredakteur und trotz aller Verschleisserscheinungen und Grenzen war ich mit Leib und Seele Journalist – ich hatte gerade einen guten Lauf. Meinen Wechsel habe ich nicht gesucht, sondern es ist ein Gehorsamsschritt gewesen. Ich hatte schon gehört, dass Wolfgang Baake in absehbarer Zeit sein Amt abgeben wollte. Ich betete mit anderen zusammen dafür, dass er einen guten Nachfolger finden würde, aber ich dachte da nicht an mich selbst. Doch dann erlebten meine Frau und ich, dass Gott sich innerhalb eines halben Jahres mehrfach in unserem Leben bemerkbar machte. Wir bekamen selbst und auch im Kontakt mit anderen Menschen immer wieder den Eindruck, dass unsere Zeit an der Schwäbischen Alb ablaufen würde. Meine Frau hatte gerade ein Nähcafé als Verein für Geflüchtete mitgegründet, wusste aber plötzlich, dass sie es verlassen würde. Und auch bei mir stellte sich die Frage, ob ich bereit wäre, eine neue Verantwortung zu übernehmen. Irgendwann klingelte das Telefon und Wolfgang Baake war am Apparat, den ich damals seit 20 Jahren kannte. Intuitiv stellte ich ihm die Frage: «Geht es bei deinem Anliegen um dich? Und auch um mich?» «Woher weisst du das, Christoph?», fragte er zurück. Es kamen noch einige deutliche Signale und schliesslich kündigte ich. Der Neuanfang in Wetzlar war schön, gleichzeitig aber auch mit Trauerarbeit verbunden, weil ich nun viel mehr mit Medien-Management als mit dem operativen Redaktionsgeschäft zu tun hatte – aber ich habe da gut reingefunden und gemerkt: Ja, es passt.

Viele kennen PRO, PRO kompakt oder das Israelnetz. Wie finden Sie die Themen, die Sie darin behandeln?
Ähnlich wie andere Redaktionen beobachten wir, wie sich Themen entwickeln. Und wir greifen gesellschaftliche, politische und menschliche Themen auf, die wir für relevant halten. Dabei durchdringen wir sie auch mit Fragestellungen, die mit Glauben, Christsein und Theologie zu tun haben. Das tun wir nicht in Form einer Bibelarbeit, aber es ist uns trotzdem wichtig, auch die biblische Perspektive herzustellen. Ich bin sehr glücklich, dass wir talentierte Leute an Bord haben, die entweder selbst Themen finden oder interessante Persönlichkeiten entdecken, über die noch niemand geschrieben hat. Typisch zum Beispiel unsere Interviews mit Rafael Biermann, ein Friedens- und Konfliktforscher an der Universität Jena. Der Christ und Professor hilft uns und unseren Lesern dabei, den Ukrainekrieg in seiner Komplexität zu sehen und auch vom Glauben her einzuordnen.

Können Sie ein persönliches Highlight aus Ihren Jahren in der Medieninitiative erzählen?
Ja, solche Highlights sind bei uns immer wieder die Verleihungen des «Goldenen Kompass». Der Preis wird an Medienschaffende verliehen, die über glaubwürdig gelebtes Christsein berichten, oder dazu beitragen, dass christlicher Glaube und Kirche als relevante Themen im öffentlichen Gespräch bleiben. Ein Gänsehautmoment für mich war es, als der Drehbuchautor und Produzent Fred Breinersdorfer auf der Bühne stand. Der Autor vieler Tatort-Produktionen und vielfach ausgezeichnete Drehbuchschreiber schrieb auch das Buch zu «Honecker und der Pastor» über Uwe Holmer, der den ehemaligen Staatsratsvorsitzenden der DDR und dessen Frau bei sich aufnahm. Er stand auf unserer Bühne, hielt den Goldenen Kompass in der Hand und sagte, dass er selbst mit Kirche und Gott nie viel am Hut hatte, dennoch greife er gern Glaubensgeschichten auf, weil sie ihn berührten. Er empfand bei uns eine besondere Atmosphäre – aus meiner Sicht spürte er den Heiligen Geist. 95 Prozent meiner Arbeit ist administrative und journalistische Routine. Aber auch da gibt es Highlights. Wenn sich zum Beispiel Leser melden und uns spiegeln, wie sehr ihnen unsere Angebote helfen. Da können einem manchmal die Tränen kommen, wenn jemand zum Ausdruck bringt, dass er durch einen PRO-Artikel Orientierung in schwierigen Fragen und Hilfe im Glauben gefunden hat.

Werfen Sie bitte einen Blick in die Zukunft: Wofür brauchen wir PRO und Ihre christliche Medienarbeit in den nächsten Jahren?
Gerade habe ich irgendwo gelesen, dass eine Organisation heute selten länger als 40 Jahre besteht. Und wir werden in diesem Jahr 50 Jahre alt. Das ist für mich zunächst ein grosser Grund zur Dankbarkeit – ich empfinde das tatsächlich als ein Wunder. In Zukunft wird es wichtiger denn je, dass es Angebote gibt wie unsere, die in die Medienwelt hinein mit professionellen Mitteln und in zeitgemässer Sprache die gute Botschaft von Jesus Christus, christliche Werte, Kultur und Fragestellungen, die sich aus der Sicht des Christentums ergeben, an unsere Gesellschaft weitergeben. Wir sind ein kleines Medienhaus mit 25 festangestellten Mitarbeitern, aber wir sind Profis und ich glaube, dass es wichtig ist, dass es unsere Beiträge weiterhin gibt. Wichtig ist allerdings, dass wir nicht müde werden, immer wieder neue Wege auszuprobieren und zu gehen, zum Beispiel in den neuen Medien. Wir bleiben unverzichtbar, weil die Kirchen selbst nach meiner Wahrnehmung zu wenig öffentlich über das Christsein und den Glauben kommunizieren.

Wovon träumen Sie?
Mein Traum ist, dass wir als Institution nicht stehenbleiben, sondern dass es uns gelingt, junge Menschen zu erreichen. Vor einiger Zeit hätte ich Fragen dazu noch sehr zurückhaltend beantwortet, doch seit ein, zwei Jahren sehe ich, dass das durch die Angebote und Vernetzungen unseres Hauses wirklich geschieht. Wir haben seit einiger Zeit die «Social Media Night» an Bord und einen Kreis von christlichen Aktiven, die sich «Creatunity» nennen. Mein Zukunftsbild oder Traum ist es, dass christliche Medienarbeit in den sozialen Medien wächst und Reichweite gewinnt. Das ist genau das, was Jesus verheissen hat, als er davon gesprochen hat, dass wir Salz und Licht sind. Ein anderer Traum betrifft die säkularen Medien. Dort gibt es zwar sogenannte Verkündigungsformate wie TV-Gottesdienste. Aber ich träume davon, dass ein normaler sonntäglicher «Tatort» neben Mord und Totschlag auch die gesellschaftliche Realität in Form einer Kommissarin oder eines Kommissars zeigt, die Christen sind und zum Beispiel ab und zu die Stille suchen und beten. Nach 1300 Folgen ohne solch ein positives, normales Bild von Christsein und Kirche, wird es höchste Zeit dafür – nicht immer, aber immer mal wieder.

Zum Thema:
50 Jahre «Medieninitiative pro»: Initiativ für Christliches in den Medien
Exklusive Studie: Eine Stimme in der Wüste

Datum: 28.04.2025
Autor: Hauke Burgarth
Quelle: Livenet

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