Spielerisch Klippen entdecken – und umfahren lernen
Das Time Out ist für jede Lebenssituation ideal, bilanziert Hansruedi Seiler. Er leitet das Projekt seit Beginn und verantwortet auch die 29. Ausgabe, heuer unter dem Leitsatz «Lass weg, was zu viel ist». Stand einst der klassische Verzicht auf den Alkohol im Mittelpunkt, ist dieser von Süssigkeiten und neuen Medien überholt worden. «Rund 44 Prozent der 10- bis 16-jährigen verzichten auf sogenannte neue Medien. Also auf das Internet, Handy, iPhone und das ist keine leichte Sache.»
Dadurch sind die Teilnehmer jünger geworden, auch weil die Aktion in den Schulen beworben wird. «Es ist eine gute Möglichkeit, den jungen Menschen zu sagen, dass wir in einer Konsumgesellschaft leben, in der alles möglich ist, aber es ist nicht immer alles bestens, was man um sich rum hat.»
Zucker, Zucker, Zucker
Die Teilnehmerzahl ist inzwischen auf rund tausend Personen gestiegen. «Ein Drittel ist zwischen 10 und 16 Jahren alt. Aber wir haben auch einen 85-Jährigen, der mitmacht. Jeder kann mitmachen. Es gibt auch Familien, die Jahr für Jahr dabei sind.»
Süssigkeiten sind der grösste Verzichtsrenner. Hansruedi Seiler: «Im Alltag begegnen uns sehr viele Naschereien. Zum 'Znüni', zum 'Zvieri', und etwas zu Knabbern beim Fernsehen. Süsses ist überall. Und plötzlich merkt man, wie schwierig es halt doch ist» – wenn plötzlich die Reihe oder die Tafel pro Tag nicht mehr da ist. Anfangs habe die Verzichtswelle auf Süsses überrascht, da aber in manchen Dingen enorm viel Zucker ist, verwundere es nicht mehr.
Rauchen und Alkohol: Ausstieg geschafft
Eine Frau verzichtete auf Nikotin. Und im nächsten Jahr gleich wieder. «Sie sagte, im letzten Jahr habe sie es nicht ganz geschafft, nun versuche sie es wieder», erinnert sich Hansruedi Seiler. «In einem dritten Jahr versuchte sie es erneut. Und nach dem vierten Time Out schrieb sie, dass sie nun ganz verzichte, nicht nur während der Aktionszeit.»
Eine junge Frau verzichtete auf den Alkohol. Bald wurde dies zum Problem für sie; sie stellte fest, dass ihr Verlangen nach Alkohol grösser war, als ihr zuvor bewusst war. Und so zog sie den Verzicht gleich weiter. «Nach zwei, drei Jahren war sie froh, dass sie auf diese Weise in ihren Alltag eingegriffen hatte. Sie bekam so ihren Alkoholkonsum in den Griff.» Gleiches Geschehe auch mit Süssigkeiten.
An Klippen geraten
«Viele verzichten sechs Wochen auf etwas und können dann den Konsum reduzieren. Das ist der Sinn der Aktion, nicht auf alles verzichten, aber den Gebrauch im Rahmen halten.»
Auch Hansruedi Seiler nimmt an seiner Aktion teil. Er wolle ebenfalls auf Süsses verzichten und auf seinen runden Geburtstag, er wird 60, wieder an einem grösseren Lauf starten, über 30 Kilometer. Früher rannte Seiler Marathon, kam zuletzt aber nicht so oft zum Training.
Im letzten Jahr verzichtete er auf Rolltreppe und Lift. «Dabei kam ich auch an Klippen, weil es nur eine Rolltreppe in den nächsten Stock hatte. Also ging ich nicht hoch oder machte einen grossen Umweg, weil ich merkte, dass auf der anderen Seite des Blocks eine Treppe ist. So geht es Leuten, die ein Suchtproblem haben. Sie kommen auch an eine Klippe.»
Datum: 30.01.2013
Autor: Daniel Gerber
Quelle: Jesus.ch