Die Säuglingssterblichkeit unter Mädchen ist in städtischen Gebieten Indiens um 30 Prozent höher als bei Jungen, so das Ergebnis einer Studie im "British Medical Journal". Nicht selten seien die Umstände mysteriös, schreiben die Autoren um Amod Kumar von St. Stephen's Hospital in Neu Delhi. Vielen der Todesfälle von Mädchen im Alter von unter einem Jahr seien keinerlei Krankheiten vorausgegangen. Auch seien doppelt so viele Mädchen wie Jungen nach einfach zu kurierenden Erkrankungen wie Durchfall gestorben. Bei schwereren Leiden habe sich dagegen kein signifikanter Unterschied gezeigt. Für die Studie wurden fünf Jahre lang Todesfälle bei Säuglingen in städtischen Gebieten Indiens untersucht. Die Daten bestätigten ältere Statistiken. In ihrem Artikel erheben Kumar und seine Kollegen schwere Vorwürfe gegen ihre Landsleute. Der Grund für die hohe Todesrate unter den weiblichen Säuglingen sei vermutlich, dass Mädchen in weiten Teilen der indischen Gesellschaft weniger gälten. Die Forscher zitieren eine frühere Untersuchung mit dem Ergebnis, dass indische Eltern für die medizinische Versorgung ihrer Söhne im Schnitt mehr als das doppelte ausgeben als für die ihrer Töchter. Auch Gesetze hätten die Einstellung weiter Teile der Gesellschaft zu Mädchen nicht ändern können. Erst 1994 verbot die indische Regierung, das Geschlecht eines Kindes bereits vor der Geburt feststellen zu lassen. Das Ziel, die alarmierend hohe Zahl an Abtreibungen weiblicher Föten deutlich zu senken, wurde der Studie zufolge nicht erreicht: Auf 1000 neu geborene Jungen kamen nur 869 Mädchen. Quelle: British Medical Journal
Datum: 07.08.2003