Podium am SEA-Medientag

Die Kirche soll spannend und praktisch sein

Kirchenleiter und Medienprofis diskutierten am Medientag der Schweizerischen Evangelischen Allianz (SEA) in der Dübendorfer Samsung Hall, wie (Freik)Kirchen zu einer besseren Medienresonanz kommen könnten.
Das Podium am SEA-Medientag: Markus Baumgartner (Moderation), René Christen, Nicolas Legler, Judith Wipfler, Giuseppa Gracia, Willy Surbeck (v.l.)
René Christen
Giuseppe Gracia

Es ist für die Medien viel interessanter, einen Kirchen-Aussteiger zu berichten als über einen Aussteiger aus den Drogen. So brachte Nicolas Legler, Pastor und Geschäftsführer beim ICF Zürich, das Dilemma auf den Punkt. Obwohl auch er öfters auf die attraktiven Besucherzahlen beim ICF hinweist, suche man nicht positive Schlagzeilen durch attraktive Aktionen. Wichtiger sei die Glaubwürdigkeit der Christen und damit die Botschaft: «Du bist Kirche.» Legler: «Wir predigen deshalb für den Montag.»

Dennoch betont er: «Die Kirche soll spannend und praktisch sein!» Um die Attraktivität für die Bescher auf einem hohen Level zu halten, probiere man ständig Neues aus und lasse sich dafür auch von Kirchen in aller Welt inspirieren. Die ICF-Leitung besuche daher jedes Jahr Kirchen in verschiedenen Weltgegenden.

Lebensgeschichten bringen

Demgegenüber ist René Christen, leitender Pastor der Kirche im Prisma, überzeugt, dass eine (Frei)Kirche durch gute Angebote und durchdachte Konzepte auch für Medien attraktiv werden kann. Er ortet einen eklatanten Mangel an strategischen Überlegungen bei den Freikirchen. Seine Kirche habe deshalb bewusst auf den Begriff «Freikirche» verzichtet. Die Kirche im Prisma verbinde theologische Begriffe, die heute für viele nicht mehr verständlich seien, mit Lebensgeschichten. Als Beispiel führte er den Talk mit dem nach einem Unfall querschnittgelähmten Samuel Koch an.

Mehr Risiken eingehen

Willy Surbeck, Medienberater und ehemaliger Chefredaktor von Tele Basel, ermuntert die (Frei)Kirchenleiter und Pastoren, mehr Risiken einzugehen, wenn sie für die Medien interessant sein wollen. Im Zeichen von «Mehr Risiken – weniger Rituale» hatte er die Idee lanciert, die Bibel zusammen mit dem Koran zu verteilen. Die Menschen der Bibel seien immer Risiken eingegangen, ganz besonders Jesus, betonte der Medienpionier. Leider sei seine Idee aber nicht umgesetzt worden.

Sprachfähig werden

Der Buchautor und Kommunikationsberater Giuseppe Gracia, auch bekannt als Sprecher des Bischofs von Chur, liebt die Provokation ebenfalls, will aber nicht um der Provokation willen provozieren. Denn Jesus habe vor allem durch seine Botschaft, also durch Inhalte, provoziert. Vermittler des Glaubens in den Medien müssten in erster Linie neu lernen, mit einem säkularen Publikum zu kommunizieren. Das sei eine harte Arbeit an sich selbst. Er lerne dies am besten in Diskussionen mit Atheisten.

«Freikirchen» abschaffen

Eine Diskussion zwischen den Podiumsteilnehmern entfachte die Frage, ob der Begriff «Freikirchen» noch zu halten sei. Freikirchen wie das ICF oder die Kirche im Prisma haben ihre Antwort darauf schon gegeben. Willy Surbeck wandte dagegen ein, angesichts der Ghettoisierung freikirchlicher Christen sei auch ein alternativer Begriff schnell Verdächtigungen ausgesetzt. Vielmehr sollten sich die Gemeindeleiter fragen, weshalb die Spiritualität der Christen in der Urgemeinde so erfolgreich war. Diesen Faden nahm auch Giuseppe Gracia auf. Die Freikirchen hätten gegenüber der katholischen Kirche heute den grossen Vorteil, dass jedes Mitglied «Kirche» ist. Bei den Katholiken werden lediglich die Hierarchie als «die Kirche» wahrgenommen. Er tröste sich mit dem Gedanken, dass das «Schiff Petri» durch Tausende von Nieten zusammengehalten werde.

Das Gegenbeispiel

Und Judith Wipfler, Redaktorin bei «Religion & Gesellschaft» von Radio SRF, setzte auf ihre Weise einen Kontrapunkt, indem sie versprach, demnächst ein Porträt über einen Menschen zu machen, der durch den Glauben an Jesus aus den Drogen herausgefunden habe.

Moderiert wurde das Podium von Kommunikationsberater Markus Baumgartner, Herausgeber und Mitautor des Buches «So machen Kirchen Schlagzeilen».

Zum Thema:
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Datum: 27.11.2018
Autor: Fritz Imhof
Quelle: Livenet

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