«Das Staunen im Alltag neu entdecken»
Indem wir uns bewusst machen, dass Gott da ist und sich danach sehnt, uns zu segnen. Staunen ist nicht an Umstände oder Gefühle gebunden. Ähnlich wie bei Jakob kann Wunderbares ganz plötzlich passieren – besonders denen, deren Ruheplatz in einer öden Gegend liegt: dem unerwarteten Witwer, dem ziellosen Berufsanfänger, der erschöpften Mutter, dem genervten Fliessbandarbeiter, dem enttäuschten Ehepartner, dem Single, der sich nach einem Rendezvous sehnt. Wenn Christus mit uns ist – und das ist er –dann ist jeder Tag unseres Lebens eine Einladung zum Staunen!
Augen, die sehen
In einem Buch der Narnia-Chroniken veranschaulicht C. S. Lewis, dass es notwendig ist, sich dafür zu entscheiden, Gottes Wirken zu sehen. So begegnen am Ende der Geschichte die Kinder, die dem Löwen Aslan (er ist eine symbolische Figur für Jesus) folgen, mürrischen Zwergen. Die Zwerge drängen sich in einem engem Kreis zusammen und schauen einander an. Als sich die Kinder den Zwergen nähern, rufen sie: «Wo seid ihr?» – «Wir sind hier drin, du Dummkopf», antwortet einer der Zwerge, «in diesem stockdunklen, schäbigen, stinkenden kleinen Loch!» – «Aber es ist doch gar nicht dunkel, ihr armen Zwerge!», antwortet Lucy, «schaut euch doch nur um! Könnt ihr nicht den Himmel und die Blumen sehen? Könnt ihr mich nicht sehen?» Lucy bückt sich, pflückt einige Veilchen und sagt: «Vielleicht könnt ihr die riechen?» Angeekelt schreit der Zwerg: «Wie kannst du es wagen, dieses moderige Stück Stallmist in mein Gesicht zu werfen?»
Auf einmal bebt die Erde. Der Duft der Wiese wird süsser und ein grelles Licht blitzt hinter ihnen auf. Es ist der mächtige Aslan. Er überrascht die Zwerge mit einem üppigem Festmahl. Gierig verschlingen sie das Essen, beschweren sich aber, dass es nach Heu und vergammelten Steckrüben schmeckt. Selbst während Aslans prächtiger Festtafel streiten sich die Zwerge und schreien sich an.
Wie die Zwerge müssen auch wir eine Wahl treffen: Wollen wir Gottes Wunder sehen oder im Dunkeln leben? Dabei handelt es sich nicht um eine Anleitung zur Technik des «Positiven Denkens». Vielmehr ist es eine willentliche Entscheidung, dem Gott, der gegenwärtig ist und Wunder wirkt, mit Freude und Lobpreis zu begegnen. Es geht um die Entscheidung, unsere Augen zu öffnen – oder Gott zu bitten, unsere Augen zu öffnen –, um «aufmerksam die Wunder Gottes» im Hier und Jetzt wahrzunehmen (Hiob 37,14).
Pausen des Staunens
Dies bedeutet nicht, dass wir die Fähigkeit des Staunens durch unser Bemühen erzeugen können. Vielmehr wächst kindliches Staunen langsam. Es entwickelt sich in dem Moment, in dem wir unsere Herzen gegenüber Gottes Geschenken öffnen. Die Fähigkeit des Staunens muss also angenommen werden – nicht erarbeitet!
Letzten Sommer legte ich mich auf die Wiese und beobachtete während eines geschäftigen Nachmittags eine halbe Stunde lang Schäfchenwolken. Ich hatte soviel Spass dabei, dass ich meine Frau und Kinder zu mir rief. Auch sie sollten diese wunderbare Schöpfung Gottes in aller Ruhe bestaunen, obwohl ich glaube, dass meine beiden Teenager nicht so begeistert waren. Für mich jedenfalls war es eine «Pause des Staunens».
Ich empfehle jedem, sich öfter solche Pausen zu nehmen, die Gott ohnehin für uns vorgesehen hat, zum Beispiel am Sonntag. Dieser Ruhetag wurde uns unter anderem gegeben, damit wir uns immer wieder der Wunder Gottes bewusst werden.
Alltägliche Extravaganz
Falls es Ihnen an Dingen fehlen sollte, die Sie ins Staunen bringen, denken sie doch nur mal an die Schönheit der Schöpfung: Pfauen, Rehe, Sonnenuntergänge, Berge, Schneeflocken. Keins von diesen Dingen müsste existieren. Gott hätte das Universum auch weniger exotisch erschaffen können. Doch er tat es nicht. Ist das nicht Grund genug, darüber wie ein Kind zu staunen?
Dabei muss man sich nicht nur auf die aussergewöhnlichen Dinge beschränken. Wunder sind oft auch schon in einfachen und kleinen Dingen sichtbar. Der englische Schriftsteller G. K. Chesterton fordert uns dazu auf, es als eine «aufregende Beschäftigung anzusehen, Spannendes in der Langeweile zu entdecken».
So spürte ich letzte Woche ganz bewusst den warmen Atem meines Sohnes, als er neben mir schlief. Und gestern überraschte mich ein Freund mit einer Tasse Cappuccino. Dies sind ganz alltägliche Dinge, aber trotzdem waren sie für mich aussergewöhnlich und unerwartet. Oder machen Sie sich neu die Liebe Gottes bewusst: Trotz unserer Sünden, Mängel und Verletzungen verzehrt sich der Schöpfer des Universums nach Gemeinschaft mit uns. Dies sind nicht irgendwelche abgegriffenen, christlichen Ideale, sondern lebendige Wahrheiten, die unsere Herzen voller Bewunderung höher schlagen lassen sollten.
Wie alles andere im geistlichen Leben braucht aber auch das Staunen Zeit, um sich zu entwickeln. Gleichzeitig werden wir in diesem Wachstumsprozess dankbarer, weil wir Gottes Güte überall entdecken. Und noch mehr Wunderbares passiert: Wir gewinnen an Zuversicht, weil wir Gottes wunderbare Kraft erkennen. Wir wachsen in Demut, weil das Staunen die Perspektive unseres Lebens verändert. Und wir gewinnen an Selbstvertrauen, andere auf Jesus, den Retter, hinzuweisen, der wahrhaftig Wunder tut (Apostelgeschichte 8,13).
Autor: Mathew Woodley, verheiratet, zwei Kinder und ist Pastor.Entdecken sie die Wunder Ihrer Welt
1. «Kenne ich schon», lautet die gelangweilte Aussage vieler Menschen. Wie heissen die Faktoren in Ihrem Leben, die es Ihnen schwer machen, die Welt mit staunenden Augen zu sehen?
2. Nehmen Sie sich Zeit herauszufinden, wie Gott sich Ihnen tagtäglich offenbart. Suchen Sie sich Orte, an denen sie in Ruhe Gottes Schöpfung geniessen können. Planen Sie mindestens eine halbe Stunde pro Tag ein, um an diesen Orten zur Ruhe und zum Staunen zu kommen.
3. Was hat Sie am meisten erstaunt, als Sie sich Zeit nahmen, Ihre wundervolle Welt zu betrachten? Schreiben Sie Ihre Erlebnisse in einem Tagebuch auf.
4. «Der Herr wohnte an diesem Ort und ich wusste es nicht!» (1. Mose 28,16) In unserer hektischen Welt vergessen wir schnell Gottes Gegenwart auch im Alltag. Zählen sie zehn Punkte auf, anhand derer Sie Gottes wunderbare Gegenwart augenblicklich wahrnehmen.
Datum: 27.02.2011
Autor: Mathew Woodley
Quelle: Neues Leben