«Ich wusste zu früh, dass ich Mister bin!»

«Kaum stand ich auf der Bühne, wusste ich auch schon, dass ich der neue Mister Schweiz bin. «Miss Deutschland» Sandra Hoffmann übergab den Umschlag mit dem Namen der Moderatorin Patty Boser. Ich stand in der Mitte von fünf Leuten: rechts von mir die beiden anderen Finalisten, links das Moderatorenpaar Patty Boser und Reto Peritz. Nur Reto stand zwischen mir und Patty. Gebannt schauten wir drei, wie die Moderatorin die Faltkarte geheimniskrämerisch aus dem Couvert zog. Ich stand ihr am nächsten. Unsere Augen hingen an ihren Lippen und an der Karte. Dann geschah es. Mit den Worten «Wer wird Mister Schweiz? Es steht ein Name drauf», trieb Patty die Spannung noch einmal in die Höhe – und hielt dabei die Karte leicht schräg. Bevor Reto zu uns dreien sein «Halt! Wegschauen!» kommandierten konnte, erhaschte ich, im Gegensatz zu meinen beiden Konkurrenten, einen Blick auf die linke Seite der Faltkarte.

Auf der linken Kartenseite hatten meine neugierigen Augen die grossen Lettern «CLAUDIO» erspäht. Da von den beiden anderen Finalisten weder Reto Jaggi noch Martin Leiggener diesen Namen hatten, war ich so ziemlich der einzige Claudio im Final und damit so ziemlich der einzige Claudio, der in Minutenfrist zum neuen Mister Schweiz ausgerufen würde. Anmerken lassen durfte ich mir aber natürlich noch nichts. Das war das Problem.

Patty Boser konnte aber noch kein Ende finden und trieb die Spannung weiter in die Höhe. Ich kämpfte mit meinen Emotionen. Sollte ich vor Freude und Überraschung über die Bühne rennen, herumhüpfen und schreien? Womöglich wie ein Fussballspieler auf den Knien über die Bühne rutschen? Nein, besser doch nicht. Feuchtfröhlich dankte und gratulierte Patty den anderen neun Konkurrenten, die es nicht bis in den Final geschafft hatten. Dann wurde es ruhig im Saal.

Mein Herz raste Achterbahn. „Ich bin Mister Schweiz!“ 1000 Leute in der Halle und Hunderttausende zuhause an den Bildschirmen wollen die Auflösung sehen. Und ich kenne sie bereits und muss sie noch für mich behalten! Ich wusste nicht, wer mir die Kraft gab zum Stillstehen.

Und nun bedankte sich Patty bei der Jury für die Arbeit, die sie geleistet hatte, und faselte etwas von „schwierig bei so vielen ach so schönen Männer, die doch alle den Titel verdient ...“ und so weiter. Ich dachte an gar nichts mehr. Ich wusste nur: Jetzt wird alles anders.»

Irgendwie war Claudio clever genug. Niemand schien sein Wissen und seine innerliche Reaktion zu merken. Im Livebild waren alle fünf Personen auf der Bühne zu sehen. Claudios Gesichtszüge konnten aus dieser Perspektive nicht erkannt werden. Und Patty war mit ihrer Rede noch immer nicht am Ende. Noch einmal lobende Worte für die Organisatoren. Derweil hatte Claudio grösste Angst, ja richtig zu reagieren, wenn es soweit wäre. Und die Moderatorin dankte immer noch den Sponsoren ...

Claudio drohte zu «explodieren». Und da war dann noch diese Angst: «Nämlich dass ich zu früh juble, so dass alles gestellt aussieht und eben nicht mehr spontan. Ich hatte zwar schon vieles geübt, aber so etwas noch nie. Nach der Verkleidungsnummer meine zweite Premiere; Hauptprobe und Uraufführung in einem. Das war das Schwierigste am ganzen Abend.» Und Claudio machte alles richtig. Endlich, endlich die Erlösung. Die Moderatorin startet durch:

«Mister Schweiz 2000 ist Claudio Minder!»

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Claudio Minder im Forum
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