"Campingseelsorge bietet eine riesige Chance, kirchenferne Menschen zu erreichen", sagt Gisela Dommler. Seit 16 Jahren fährt die Religionslehrerin jeden Sommer mit der "Kirche Unterwegs", einem speziellen Angebot der evangelischen Landeskirche für Urlauber, für zehn Tage auf den Zeltplatz "Burg" im oberbayerischen Murnau. Der Zuspruch ist hoch: rund 85 Kinder und Erwachsene kommen zu den Gottesdiensten, bis zu 120 sind es an den bunten Abenden. Die Seelsorge auf dem Campingplatz, der 150 Zelte und Wohnwägen beherbergen kann, ist eine Gratwanderung: "Die Eltern nutzen uns oft einfach als im Preis inbegriffene Kinderanimationstruppe, aber wir sagen: `Stopp, wir sind Kirche!`", sagt Dommler. Rund 220 evangelische Pfarrerinnen und Pfarrer aus ganz Deutschland kümmern sich bei "Kirche Unterwegs" in den Sommermonaten um Urlauber im In- und Ausland. Allein mit der Campingseelsorge in Bayern erreichen die fünf Hauptamtlichen und über 80 Ehrenamtlichen rund 40.000 Menschen im Jahr, sagt Wolfgang Hagemann vom Amt für Gemeindedienst in Nürnberg. Trotz des Sparkurses der bayerischen Landeskirche – rund 500.000 Euro kostet die Campingseelsorge jährlich - ist Hagemann optimistisch: "Wir bekommen viel Unterstützung - durch Spenden unseres Camper-Freundeskreises und durch die Platzbetreiber." "Mein Gott ist so gross, so stark und so mächtig", krähen die Kinder in Murnau zur Gitarre, nachdem das Betthupferl zu Ende ist. Dass hier "Kirche Unterwegs" am Wirken ist, dringt immer wieder durch. Bei der morgendlichen Kinderstunde wird eine Bibelgeschichte erzählt, die gemeinsam nachgespielt wird. "Wir haben auch immer eine Menge Zaungäste", sagt Gisela Dommler und meint die Eltern, die neugierig, aber aus sicherer Entfernung verfolgen, was vor dem Kirchenzelt passiert. Das Gemeinschaftsgefühl, glaubt die 41-Jährige, ist für Eltern und Kinder das Wichtigste: "Die wollen keine kirchliche Serviceleistung, die wollen sich anfassen." Bei den Feriengästen kommt das Konzept der "Kirche unterwegs" gut an. Daniela Schlosser ist mit ihrem Sohn Johannes (3 Jahre) und Kusine Sonja (8) extra in der Woche gekommen, in der auch Dommler und ihr Team am Staffelsee sind. "Das ist ein tolles Angebot, mal für die Kleinen, dann - wie bei der Fackelwanderung - für die Grösseren", sagt Schlosser. Obwohl sonst "mässig" mit Kirche befasst, ist ihr wichtig, dass die Campingseelsorge mit Erzählungen und Liedern christlichen Inhalt transportiert: "Eine reine Kinderanimation kriegt man auch selber zusammen."
Datum: 26.07.2003
Quelle: Epd