Verurteilung Grönings bedeutet sehr viel
«Die Verurteilung Grönings bedeutet für die Opfer und ihre Angehörigen und die jüdische Gemeinschaft sehr viel», so Kreutler gegenüber kath.ch. Auch wenn seine Straftaten lange zurücklägen, wirkten die Verbrechen der Nazis bis heute nach. «Auch in der Schweiz gibt es nach wie vor Holocaust-Überlebende, und unzählige Familiengeschichten hier lebender Jüdinnen und Juden sind durch Verfolgung und den Holocaust stark geprägt.»
Der Zentralrat der Juden in Deutschland hat den Schuldspruch gegen Gröning ebenfalls gewürdigt. Es sei sehr wichtig, dass ein NS-Täter zur Rechenschaft gezogen werde, sagte deren Präsident Josef Schuster. «Die Versäumnisse der deutschen Justiz, die solche Verfahren jahrzehntelang verschleppt oder verhindert hat, lassen sich damit zwar nicht mehr gut machen. Dennoch hat die Verurteilung Grönings für die Opfer und ihre Angehörigen eine hohe Bedeutung.»
Kleine Schraube in der Todesmaschinerie
Während des Prozesses habe Gröning «wenigstens» eine moralische Mitschuld eingeräumt, sagte Schuster weiter. Auch habe das Verfahren der Gesellschaft nochmals die Shoah-Verbrechen vor Augen geführt und «gezeigt, dass die Opfer noch Jahrzehnte später unter den Folgen leiden.» Dies sei ein wichtiger Beitrag für den Umgang mit der deutschen Vergangenheit. Er hoffe nun, dass sich noch weitere NS-Täter vor Gericht verantworten müssen.
Zufriedenheit angesichts des Urteils drückte laut dem schweizerischen jüdischen Wochenmagazin «Tachles» auch Ronald S. Lauder, Präsident des Jüdischen Weltkongresses, aus. Der Gerechtigkeit sei Genüge getan worden, auch wenn Gröning nur eine kleine Schraube in der Todesmaschinerie der Nazis gewesen sei, so Lauder laut «Tachles». «Vielleicht wird er seine letzten Jahre hinter Gittern verbringen müssen», zitiert die Zeitschrift Lauder, «doch das ist eine geringfügige Strafe im Vergleich zu den unaussprechlichen Verbrechen, zu deren Verübung er Hand geboten hatte.»
Beihilfe zum 300'000-fachen Mord
Das Landgericht Lüneburg hatte den 94-jährigen Gröning zu vier Jahren Haft verurteilt. Er habe sich der Beihilfe zum Mord in 300'000 Fällen schuldig gemacht. Laut Medienberichten wird die Staatsanwaltschaft nun die Haftfähigkeit des gesundheitlich angeschlagenen Mannes prüfen.
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Datum: 21.07.2015
Quelle: kath.ch