Wunder heute?

Geschehen noch Wunder?

Viele Christen glauben, dass Gott seine Kirche noch immer mit der Fähigkeit ausstattet, Wunder zu tun, vor allem Kranke zu heilen. Auch in den vergangenen Jahrzehnten kam es vielerorts in der Kirche zu solchen Heilungen. Wir können ausserdem bis heute das Wirken des Gottesreiches in der Predigt spüren, wenn Menschen die Erfahrung machen und zu der Überzeugung gelangen, Gott könne ihnen vergeben und zerstörte Beziehungen wiederherstellen.

Warum werden einige Menschen nicht geheilt?

Schmerzlich ist die Frage, der wir uns stellen müssen, warum einige geheilt werden und andere nicht. Sicher bereitet es vielen Leuten Schwierigkeiten, daran zu glauben, dass Jesus überhaupt Wunder gewirkt hat. Viel mehr Leute haben aber deshalb Glaubensprobleme, weil Gott kein Wunder an ihnen selbst wirkt.
Oft sterben gute und wertvolle Mitmenschen zu früh, während andere, die allem Anschein nach nicht so wertvoll sind, weiterleben. Es ist äusserst schwierig, solche Ungerechtigkeit zu verstehen. Es ist, wie bei allen Fragen menschlichen Leidens, leichter, das Problem darzustellen, als eine Lösung anzubieten.
"Er hat unsere Krankheit getragen und unsere Schmerzen auf sich genommen." Aber das Neue Testament gibt uns Anhaltspunkte dafür, die Gründe zu überdenken, weshalb Menschen nicht geheilt werden.

Gegenwart und Zukunft

Mit dem Satz: "Das Reich Gottes ist geheilte Schöpfung" fast Hans Küng das Wirken Gottes auf der Welt in treffender Weise zusammen. Jesus lehrte, das Himmelreich sei schon mitten unter uns und deshalb könne man jetzt etwas von seiner heilenden Kraft erfahren. Menschen werden miteinander versöhnt, Kranke werden geheilt, wir fangen an, etwas von Gottes neuem Leben zu spüren. Aber Jesus sprach auch davon, dass sich das Königreich Gottes noch nicht vollkommen entfaltet hat. Es existieren immer noch Missverständnisse, Verdacht, Gewalt und Menschen bleiben ungeheilt. Weil wir zu einer Zeit leben, in der das Gottesreich noch nicht vollkommen unter uns ist, kann man auch seine Wirkung nur unvollkommen erfahren. Die Hoffnung der Christen liegt in Gott, der fest versprochen hat, die Schöpfung eines Tages vollständig zu heilen. Gott hat alles im Griff. Das Neue Testament gibt uns ein Bild von Gott als Herrscher des Weltalls. Dies wird besonders stark im Buch der Offenbarung des Johannes deutlich. Erstaunlicherweise wurde dieses Gottesbild Christen übermittelt, die viele Existenzprobleme hatten und Gottes Wirken nur mühsam erkennen konnten. Das Buch richtete sich an Christen, die unter gewaltsamer und rücksichtsloser Verfolgung durch den römischen Staat zu leiden hatten.
Im Neuen Testament sieht man also auch, dass Gott auch dann alles fest beherrscht, wenn dies scheinbar von allen Ereignissen widerlegt wird. Jesus sprach oft von Gott als einem Vater, der für uns sorgt. Es gibt analoge Beispiele: Wir selbst konnten als Kinder nicht immer verstehen, warum unsere Eltern auf manchen Dingen bestanden. Man verbot uns, einen heissen Kessel anzufassen, bevor wir wussten, dass man sich die Finger verbrennen könnte. In gleicher Weise können uns Gottes Taten, von aussen betrachtet, oft undurchschaubar erscheinen oder sogar verkehrt.

Wir wissen nicht, warum einige Menschen, für die wir beten, geheilt werden und andere nicht. Wir wissen nicht, warum Gott es zulässt, dass schwere Verbrechen begangen werden oder sich Naturkatastrophen ereignen. Aber wir wissen dies: Wenn wir Gottes Tun vollständig verstehen würden, wäre er nicht grösser als unser Vorstellungsvermögen. Dann allerdings würde es sich nicht lohnen, an ihn zu glauben, denn er wäre nicht Gott, der Schöpfer des Weltalls.

Die Leiden Jesus

Wenn wir uns in einer misslichen Lage fragen, warum Gott unser Leiden zulässt, sollten wir uns die tiefer gehende Frage stellen: Warum hat es Gott so eingerichtet, dass er selbst der Leidende geworden ist in der Gestalt Jesu. Gott kennt unsere Schmerzen und Schwierigkeiten. Jesus selbst beweist uns das. Während seines ganzen Lebens ist er ganz auf die verschiedenen Formen menschlichen Leidens eingegangen und hatte Zeit und Liebe für die, die ihn brauchten.
Schliesslich aber ist Gottes wichtigste Antwort auf die Leiden unserer Welt im Tod Jesu am Kreuz zu sehen. Er wusste genau, was es bedeutete, verachtet zu werden, zu leiden und zu sterben. Und er war bereit dazu, dies alles mit sich geschehen zu lassen, damit wir das Heilwerden erfahren können, das Gott schon immer für uns bereithält.

HEILUNG HEUTE

Reg East war 1974 ein Mitbegründer der Barnabas Bruderschaft. Er bemüht sich um Menschen, die Heilung brauchen, nicht nur für ihren Kör per, sondern auch für ihre Seele in allen ihren Erscheinungsformen. Man stellte Reg einige Fragen:
In welchen Lebensbereichen haben die Menschen Heilung am meisten nötig? - Die Menschen brauchen Heilung im seelischen und geistigen Bereich. Wir leben in einer Zeit, in der unser ganzes soziales Leben eine Revolution durchgemacht hat, und dies hat die Menschen stark beeinflusst. Wir haben zwei Kriege erlebt, die viel dazu beigetragen haben, das Familienleben zu zerstören. Und viele haben Religion als einen Aktivposten ihres Lebens verloren. Wir meinen deshalb, dass die Menschen jetzt in einer Lage sind, in der sie das Selbstvertrauen verloren haben und von einem tiefen Gefühl des Ungenügens erfüllt sind. Nicht nur unsere Krankenhäuser, sondern auch unsere psychiatrischen Kliniken sind überfüllt. Ich würde daher behaupten, dass heute vor allem auf dem Gebiet des Gefühlslebens und der Spiritualität Heilung nötig ist.
Glauben Sie, dass die Kirche die übernatürliche Kraft besitzt zum Heilen? Durch den Dienst der Kirche lassen wir Christus seine Heilung fortführen. Als er auf der Welt war, brachte er das Reich Gottes, indem er predigte und lehrte, und seine Heilungen waren ein Teil seiner Mission. Wo das Reich Gottes sich offenbarte, gab es körperliche, geistige und seelische Heilung. Als Christen glauben wir daran, dass Jesus lebendig auferstanden und in die Herrlichkeit des Himmels aufgefahren ist, und dass er sein Werk fortführt durch diejenigen unter uns, die zu ihm gehören. Wir glauben und lieben ihn und lassen uns als Werkzeuge von ihm benutzen.
Ist es für die Kirche und die Medizin möglich, zusammenzuarbeiten? Wenn ich mir in den Finger schneide, wird er rechtzeitig heilen, wenn ich die Wunde Sauberhalte, weil der Körper seine eigenen, natürlichen, von Gott mitgegebenen Heilkräfte hat. Sie gehören zu unserer Schöpfung. Nicht die Medizin heilt, sondern sie fördert nur die natürlichen Heilkräfte im Körper. Auch die Kirche heilt nicht, sondern Gott ist der, der heilt. Ob es also das Bemühen der Medizin oder der Kirche ist, beide leisten ihren Beitrag zur Heilung, die von Gott kommt.

WENN GOTT NICHT HEILT

G. Williams, ein englischer Universitätsprofessor, bekam die Hodgkinsche Krankheit, und man erklärte ihm, er habe nur noch einige Monate zu leben. Trotz des Gebetes von vielen Seiten wurde er nicht geheilt. Kurz vor seinem Tode wurde er gefragt, ob er meine, dass dies etwas mit einem Mangel an Glauben zu tun habe. Er antwortete:
Glauben heisst nicht, sich an den eigenen Haaren aus dem Sumpf ziehen und sich psychologisch richtig verhalten, es ist ein stilles Gottvertrauen, dass er uns liebt und das - was auch geschieht - weiterhin tun wird.
Glauben ist nicht mit einer Schalttafel zu vergleichen. von der man die richtige Antwort erhält, wenn man die richtigen Knöpfe drückt. Be- ten ist eine Bitte an den allmächtigen Gott, und vielleicht entscheidet er, unsere Gebete nicht so zu beantworten, wie wir es gerne hätten.

Man bittet Gott demütig, die Lage, in der man sich befindet, zu ändern, und man hofft, dass das geschehen wird - aber Gott könnte ja "nein" sagen. Das ist, glaube ich, eine Antwort, die ich mit seiner Hilfe still akzeptieren muss. Und ich bin bereit zu akzeptieren, dass auf irgend- eine Weise mein Tod einen wichtigen Sinn haben könnte, den ich nicht verstehe.

Datum: 31.03.2002
Autor: David Watson/Simon Jenkins
Quelle: Jesus 2000, Verlag Herder

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