Homo erectus (Java-Mensch, Peking-Mensch und andere)

Fossilien, die ursprünglich dem Taxon Pithecanthropus erectus zugeordnet wurden (aufrechter Affenmensch), allgemein auch Java-Mensch genannt, werden heute zusammen mit Fossilien, die ursprünglich dem Sinanthropus pekinensis (Chinesischer Mensch aus Peking), heute allgemein auch Peking-Mensch genannt, zugeordnet wurden und anderen, in den letzten Jahren in Afrika gefundenen Exemplaren, zu einer einzigen Art zusammengefasst, zu Homo erectus. Die Geschichte des Homo erectus beginnt mit Eugene Dubois.

Abb 17 CLV FossilienAbbildung 17: Rekonstruktion des Schädels (A) und ein Fleischmodell (B) des Sinanthropus pekinensis (sogenannter Peking-Mensch). Umgezeichnet aus G. Heberer: Der Ursprung des Menschen und R. Feustel: Abstammungsgeschichte des Menschen. Rechte: Gustav Fischer Verlag, Stuttgart und Jena.

Java-Mensch

Dubois war ein niederländischer Arzt, der, überzeugt von der Entwicklung des Menschen, auch immer stärker der Überzeugung war, dass die menschliche Entwicklung aus den Affen ihren Ursprung irgendwo in Asien hatte. Da ihm 'die nötigen Mittel für eine Expedition fehlten, schloss sich Dubois der niederländischen Armee an und fragte um eine Berufung nach Holländisch Ost-Indien, was ihm auch gewährt wurde. 1887 segelte er mit seiner Frau und seinem Kind nach Sumatra. Seine Vorgesetzten in Ost-Indien gaben ihm viel Freiheit,- um nach seinem „Missing Link" zu suchen. Nach ca. zwei enttäuschenden Jahren auf Sumatra wurde Dubois nach Java versetzt. Dort entdeckte Dubois im Herbst 1891 an den Ufern des Solo River in der Nähe des Dorfes Trinil eine Schädeldecke. Ein Jahr später und ca. 15 Meter vom ersten Fundort entfernt entdeckte er einen Oberschenkelknochen. Später fügte Dubois dieser Sammlung noch drei Zähne hinzu.

Die Schädeldecke war sehr dickwandig, lang, flach und ohne Stirn und besass enorme Überaugenwülste. Dubois schätzte das Hirnvolumen auf ca. 900 cm3. Der Femur (Oberschenkelknochen) entsprach im Wesentlichen einem menschlichen Femur. Dubois war der Meinung, dass alle sei-ne Funde von einem einzigen Individuum stammten und ein richtiges „Missing link" darstellten - eine Kreatur mit einem sehr primitiven bzw. affenähnlichen Schädel und einem, aufgrund des menschenähnlichen Femurs zu vermutenden auf-rechten Gang. Daher nannte er dieses Lebewesen Pithecanthropus erectus (aufrechter Affenmensch).

Dubois stellte diese Fossilien 1895 auf dem Internationalen Zoologenkongress in Leyden aus. Kapazitäten begegneten Dubois' Behauptungen mit erheblicher Skepsis und gespaltenen Gefühlen. Britische Zoologen hielten diese Überreste eher für die eines Menschen, die Deutschen für die eines Affen und die Franzosen für die eines Wesens zwischen Affe und Mensch.

Dubois verschwieg jedoch, dass er im benachbarten Wadjak und in ungefähr derselben Schicht zwei Menschenschädel (bekannt als die Wadjak-Schädel) entdeckt hatte mit einem Hirnvolumen von etwa 1550-1650 cm3, also etwas grösser als das durchschnittliche Hirnvolumen der heutigen Menschen. Hätte er diese Entdeckung zu damaliger Zeit enthüllt, wäre es für seinen Java-Menschen sehr schwer, wenn nicht sogar unmöglich, geworden, als „Missing Link" anerkannt zu werden. Erst 1922, als eine ähnliche Entdeckung bekannt gegeben werden sollte, gab Dubois zu, dass er seit über dreissig Jahren im Besitz der Wadjak-Schädel war. Dass er diese Funde der wissenschaftlichen Welt zum Zeitpunkt seiner Pithecanthropus-Ausstellung verschwieg, war sehr bedauerlich, da dies eine Unterschlagung wichtiger Beweisstücke bedeutete. Ein Evolutionsanthropologe entschuldigte sein Versagen damit, dass es für die meisten Anthropologen nicht zu verdauen gewesen wäre, wären diese Schädel zusammen mit Pithecanthropus erectus ausgestellt worden.

Ungefähr fünfzehn Jahre vor seinem Tod und nachdem die meisten Evolutionstheoretiker zu der Überzeugung gelangt waren, dass der Status, menschenähnlich` für Pithecanthropus gerechtfertigt war, versetzte Dubois selbst der ganzen Angelegenheit einen unschönen Schlag: Er änderte seine Meinung und erklärte, dass diese Kreatur nichts anderes als ein, riesiger Gibbon gewesen sei! 103,104

Tatsächlich war Dubois nicht der einzige, der mutig genug zu dieser: Erwägung war. Marcellin Boule (damals Direktor des Französischen Instituts für Humanpaläontologie und einer- der weltweit führendsten Kapazitäten für menschliche Fossilien) und H.V. Vallois (Boules Nachfolger) stellten fest:

„Laut Dubois haben verschiedene Naturalisten besonders die Ähnlichkeit zwischen den Pithecanthropus-Resten und den entsprechenden Skeletteilen eines Gibbons betont. Warum sollten wir dann nicht annehmen, dass Pithecanthropus eine grosse Form oder einen riesigen Affen darstellt, der zur Gruppe der Gibbons gehörte?"

Später fahren sie fort:

„Es können noch weitere Fakten zur Unterstützung dieser Hypothese angeführt werden. In allen Ländern waren im Pliozän und Quartär riesige Säugetierformen zu finden, deren heutige Vertreter grösstenteils kleiner sind. Dies ist der Fall - um uns nur einmal auf die Primaten zu beschränken - bei Megaladapis, einem riesigen Lemur des Quartärs auf Madagaskar, oder bei Dryopithecus giganteus, einem fossilen Anthropoiden von enormer Grösse aus den Siwalik Hills. Auch Pithecanthropus, der im gleichen zoologischen Gebiet gefunden wurde, wo die heutigen Gibbons zu finden sind, könnte nicht mehr als ein besonders grosser Vertreter einer Gattung gewesen sein, die mehr oder weniger eng mit derselben Gruppe verwandt war."104.

Nach einer Erörterung zahlreicher Merkmale der Schädel-decke bemerken Boule und Vallois: „Insgesamt gesehen weisen diese Strukturen eine starke Ähnlichkeit mit denen der Schimpansen und Gibbons auf."105 Sie berichten, dass von Königswald, ein deutscher Paläontologe, der ebenfalls auf Java gewesen war und zusätzliche Funde entdeckte, die beiden von Dubois entdeckten Backenzähne einem Orang-Utan zuordnete und den vorderen Backenzahn einem richtigen Menschen. 106

Auch bei einer 1906 erneut durchgeführten Expedition zu den Ausgrabungsstätten von Dubois konnte kein einziges, weiteres Stückchen an ähnlichem Material entdeckt werden, obwohl fast 8000 m3 Boden abgetragen worden waren. In den Jahren 1936-1939 führte von Königswald eine weitläufige Ausgrabung in Sangiran, ca. 65 km von Trinil entfernt, durch. Seine Bemühungen wurden mit der Entdeckung von Kieferknochenteilen einschliesslich Zähnen belohnt, sowie mit Funden von Schädelfragmenten und einer Schädeldecke. Knochen von Extremitäten wurden jedoch nicht gefunden. Von Königswald nannte seine Funde Pithecanthropus II, III und IV.

Boule und Vallois berichten, dass die in Sangiran gefundenen Schädel die gleichen, allgemeinen Eigenschaften aufzeigen wie der Pithecanthropus von Dubois.107 Bei den Sangiran-Funden sassen einige Zähne vollkommen intakt im Unterkiefer. Jedes, von Boule und Vallois diesen Zähnen zugesprochene Charakteristikum ist eher affenartig als menschenähnlich. 108

In dem nun folgenden Zitat aus Boules und Vallois' Buch ist zu bemerken, dass sie die vielen affenähnlichen Merkmale der Zähne in dem von Königswald in Sangiran gefundenen Unterkiefer aufzählen und dann feststellen, dass diese Fakten mit den Untersuchungsergebnissen des Pithecanthropus-Schädels übereinstimmen:

„Die richtigen Molare (Backenzähne) sind extrem gross und werden vom ersten zum dritten Zahn hin grösser, eine äffische Eigenschaft, die bei Menschen nicht zu finden ist. Die Spitze des Eckzahns ragt über die Bissfläche der Prämolare (vordere Backenzähne) hinaus, ein weiteres affenartiges Charakteristikum, das bisher beim Menschen nur am fossilien Kiefer von Wadjak gefunden wurde. Ebenso wichtig ist das Vorhandensein eines Diastemas (Zahnlücke) von ca. 5 Millimetern auf der rechten und 6,2 Millimetern auf der linken Seite zwischen .dem oberen Eckzahn und dein seitlichen Schneidezahn. In ca. 50 % aller Fälle ist das Diastema bei Anthropoiden nicht grösser; dieses Merkmal, welches die besonders hohe Entwicklung des unteren Eckzahns belegt, wurde noch nie bei der Gattung Homo festgestellt."

„Hinzu kommt noch die Tatsache, dass die oberen Prämolare und die richtigen Molare in einer sehr geraden Linie angeordnet waren, so dass die Gaumenform eher an den U-förmigen Gaumen der Anthropoiden erinnert als an den hufeisenförmigen Gaumen der Menschen. Alle diese Tatsachen bestätigen jede für sich allein und sehr deutlich die Ergebnisse der Schädeluntersuchung. " 107 (Hervorhebungen vom Autor hinzugefügt)

Wenn die hier angeführten Tatsachen über die Zähne jede für sich allein und sehr deutlich" die Ergebnisse der Schädelanalyse bestätigen, dann muss dieser Schädel affenähnlich und nicht menschenähnlich gewesen sein. Boule und Vallois hatten zuvor in ihrem Buch erklärt:

,,... von ihren prinzipiellen Eigenschaften her, stellt die Trinil-Schädeldecke eine richtige Zwischenstufe zwischen der eines affenähnlichen Schimpansen und der eines primitiven Menschen, z.B. eines Neandertalers, dar."105

Boule sprach dem Neandertaler den Status eines sehr niedrigen, vormenschlichen Wesens zu.

Die Beurteilung des von Dubois in Trinil gefundenen Fernurs (und einiger anderer, femuraler Fragmente, die Dubois später entdeckte) durch Boule und Vallois war im wesentlichen nicht von der eines menschlichen Femurs zu unterscheiden. Sie schlossen daraus:

„Hätten wir nur den Schädel und die Zähne, würden wir sagen, wir hätten es mit Wesen, wenn nicht identisch, so doch eng verwandt mit den Anthropoiden zu tun. Hätten wir nur die Femurknochen, müssten wie erklären, wir hätten es mit Menschen zu tun."108.

Boule und Vallois erklären also, dass jemand, der nur den Schädel sieht, sagen würde: „Affe", während jemand, der nur den Femur sieht, sagen würde: „Mensch". Vielleicht ist das die richtige Beurteilung dieser Funde - der Femur gehörte einem richtigen Menschen und der Schädel, wie Dubois es schliesslich selbst erklärte und dem auch Boule und Vallois, wie zuvor erwähnt, fachlich zustimmen, war der eines ausser-gewöhnlich grossen Affen. Von Anfang an waren Zweifel geäussert worden, ob der Femur zu demselben Individuum gehörte wie die Schädeldecke, und dieser Zweifel besteht auch noch heute. Boule und Vallois stellen fest: " ... und wie auch immer die Vermutungen zugunsten der Zusammengehörigkeit von Femur und Schädel ausfallen mögen, einige Zweifel werden bestehen bleiben. ... " 108 Bezüglich dieser Verbindung des Femurs mit der Schädeldecke schreibt Tim White:

"Viele zögerten, die Gültigkeit dieser Verbindung anzuerkennen, und einige Forscher [M.H. Day und T.1. Molleson in Human Evolution, M.N. Day, Ed. (Taylor and Francis, London, 1973), Vol. 11, S. 127] zögern noch immer."

Damals glaubte Dubois fest daran und hoffte es inbrünstig, die Zwischenform, die laut seinem früheren Professor Ernst Haeckel existieren musste (Haeckel hatte dieses imaginäre „Link" sogar „Pithecanthropus alalus" oder-nichtsprechenden Affenmenschen genannt), zu finden und so kam ihm natürlich sofort die Schlussfolgerung in den Sinn, dass der Femurknochen und die Schädeldecke zu ein- und demselben Individuum gehören müssten und dass dieses Wesen somit ein

Affenmensch war, der aufrecht ging - ein richtiges „Missing Link" also. Wie wir zuvor schon erwähnten, gehörten die drei Zähne, die Dubois auch mit dem Schädel verbunden hatte, nicht zu diesem Individuum und daher erscheint es wenig gerechtfertigt, den Femurknochen einfach dem Individuum der Schädeldecke zuzuordnen.

Welchen Status man auch immer anderen Funden aus anderen Teilen der Welt verleihen mag, die auch der Gattung Homo erectus zugeordnet wurden, ist es doch sehr wahrscheinlich, dass Dubois' letztendliche Beurteilung seines Pithecanthropus erectus die richtige war - ein sehr grosser Primate irgendeiner Art innerhalb der allgemeinen Gruppe „Affe", der in keiner Weise eine genetische Verbindung mit dem Menschen besass.

Peking-Mensch

Falls man die Belege, die normalerweise in Texten und Abhandlungen über den Peking-Mensch zu finden sind, unkritisch akzeptiert, so scheint die Existenz eines Fast-Menschen oder eines Menschen mit sehr primitiven Eigenschaften bewiesen zu sein. Beispielsweise zeigt das in Abbildung 17 gezeigte Schädelmodell und die auf diesem Modell basierende Kopfrekonstruktion eine erstaunliche Ähnlichkeit mit dem heutigen Menschen und könnte nur schwerlich anders als menschlich bezeichnet werden. Eine nähere Untersuchung der Berichte über den Peking-Menschen enthüllen jedoch ein verworrenes Netz von Widersprüchen, eine höchst subjektive Bearbeitung von Fakten, einen seltsamen und unnatürlichen Zustand der fossilen Knochen und einen nahe-zu vollständigen Verlust des gesamten fossilen Materials.

In den zwanziger und dreissiger Jahren wurden in Choukoutien, ca. 40 km von Peking, China, entfernt Fragmente von ca. 30 Schädeln gefunden, dazu noch 11 Mandibulae (Unterkiefer) und ungefähr 147 Zähne. Ausser einigen wenigen, sehr bruchstückhaften Teilen von Extremitätenknochen wurde nichts anderes von diesen Wesen entdeckt. Einer der ersten Funde war ein Zahn und ohne weitere Beweise abzuwarten, erklärte Dr. Davidson Black, Professor für Anatomie am Union Medical College in Peking, diesen Zahn zum Beweis für die Existenz eines früheren Hominiden oder einer menschenähnlichen Kreatur in China. Er bezeichnete dieses Wesen als Sinanthropus pekinensis, der schon kurz darauf allgemein als Peking-Mensch bekannt wurde.

Die Geschichte erzählt uns, dass dieser Zahn und die nach-folgenden Funde aus einer Höhle in einer Kalksteinklippe stammten. Dieser Fundort wurde als „die untere Höhle" bekannt, nachdem Fragmente von 10 anderen Geschöpfen, die sich alle als Überreste heutiger Menschen herausstellten, etwas höher im Felsen in der angeblich „oberen Höhle" gefunden worden waren. Wie wir noch sehen werden, sind ernste Zweifel an der Existenz von Höhlen auf diesem Niveau anzumelden.

Es ist bei der Beurteilung dieser Funde von höchster Wichtigkeit zu wissen, dass das gesamte Material, abgesehen von 2 Zähnen, in den Jahren zwischen 1941 und 1945 verschwand und bis heute nicht wieder aufgetaucht ist. Es gab viele Geschichten über das Verschwinden dieser Funde, die bekannteste war, jedoch, dass die Funde entweder verloren gingen oder von den Japanern beschlagnahmt wurden, während man versuchte, sie von Peking aus zu einer U.S. Marine-Einheit zu schaffen, die gerade aus China abzog. Keine dieser Geschichten wurde jemals bestätigt. Keine lebende Person scheint wirklich zu wissen, was mit den Funden geschehen ist.

Als eine Folge davon sind wir heute von den Modellen und Beschreibungen der Funde abhängig, die einige Forscher hinterlassen haben, die jedoch alle völlig der Idee verschrieben waren, dass sich der Mensch aus einem tierischen Vorfahren entwickelt habe. Selbst wenn ein Wissenschaftler vollkommen ehrlich ist und versucht, so objektiv wie nur menschenmöglich zu sein, spiegelt ein Modell oder eine Beschreibung, die er aufgrund von spärlichem und unvollständigem Fundmaterial macht, bis zu einem gewissen Grad das wieder, was dieser Beweis seiner Meinung nach zeigen soll. Ausserdem gibt es reichlich Beweise dafür, dass es bei der Bearbeitung und Beurteilung der Funde von Choukoutien doch sehr an Objektivität mangelte. Wenn diese Art von Beweis, die uns heute bezüglich des Peking-Menschen vor-liegt, einem Gericht vorgelegt würde, würde der Beweis als reines Gerücht bezeichnet und für unzulässig erklärt.

Literaturhinweise

103. W. S. Howell, Mankind in the Making, Doubleday, Garden City, New York, 1967, S. 155-156.
104. M. Boule and H. V. Vallois, Fossil Men, Dryden Press, New York, 1957,S.126.
105. Boule and Vallois, Ref. 104, S. 118.
106. Boule and Vallois, Ref. 104, S. 121.
107. Boule and Vallois, Ref. 104, S. 123.
108. Boule and Vallois, Ref. 104, S. 123.

 

Weiter: Der Zahn eines Schweines, der Kiefer eines Affen, die Rippe eines Delphins und der Schädel eines Esels

Datum: 05.11.2007
Autor: Duane T. Gish
Quelle: Fossilien: Stumme Zeugen der Vergangenheit

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