Regionalwahlen im Irak

Christen sicherten sich trotz Drohungen eine minimale Präsenz

In Bagdad begann diese Woche die Auszählung der Stimmen nach den Regionalwahlen vom 20. April. Zuvor wurden die Wahlurnen aus allen Himmelsrichtungen in die Hauptstadt gebracht. Aus Sicherheitsgründen. 
Wahlhelfer zählen in der «sicheren, grünen Zone» in Bagdad die zusammengetragenen Stimmen.

Nach den schweren Terrorakten, die im Irak den Wahlkampf begleitet hatten, schien es nicht ratsam, die Auswertung der Ergebnisse vor Ort durchzuführen. Jetzt ist die zentrale Wahlkommission in der halbwegs sicheren «grünen Zone» von Bagdad damit beschäftigt. Niemand weiss, wie lange das dauern wird. Eines aber steht schon jetzt fest: Die zusammengeschrumpften irakischen Christen – etwa 400’000 statt noch zwei Millionen vor 20 Jahren – konnten eine Minimalpräsenz im öffentlichen Leben für die nächsten vier Jahre sicherstellen. 

Region mit stärkster christlicher Präsenz ausgeschlossen

Das wurde ihnen nicht leicht gemacht. Der Schiiten-Premier Maliki liess nur in zwölf der 16 Provinzen wählen und hat ausgerechnet jene Regionen ausgeklammert, wo die vorwiegend aramäischen Christen noch am stärksten vertreten sind: Im autonomen kurdischen Norden und um die Erdölstadt Kirkuk.

Der neue chaldäische Patriarch Rafael I. Sako hatte daher mehrmals zur Wahlbeteiligung aufgerufen. Das war umso wichtiger, als auch der schiitische Grossayatollah Sistani seinen Gläubigen dazu den «Auftrag Allahs» erteilt hatte. In Mossul musste dann eine Christin die Erfüllung des Auftrags ihres Oberhirten mit dem Leben bezahlen: Sie wurde am Samstag auf dem Weg ins Wahllokal niedergeschossen! 

Tapfere Frauen

Wie die Assyrische (d.h. aramäische oder chaldäische) Frauen-Organisation berichtet, sind ihre Mitglieder vollzählig zu den Urnen gegangen. Die christlichen Männer waren nicht so tapfer!

Jedenfalls dürfte es gelungen sein, in Mossul, Bagdad und sogar im südlichen Basra, wo die wenigsten Christen übrig sind, in den neuen Regionalparlamenten je einen christlichen Sitz zu halten. Diese sind von der Wahlordnung für Christinnen und Christen vorgesehen, doch bedarf es jeweils eines Mindestaufkommens von Stimmen, um diese Sitze zu sichern. Diesmal bewarben sich 21 Kandidaten aus den drei Christenparteien: die Assyrische Demokratische Bewegung, der Volksrat der Chaldäer, Aramäer und Assyrer sowie die betont christdemokratisch ausgerichtete «Chaldäische Demokratische Union». Um den gefährdeten Sitz in Basra haben sich die drei Parteien gemeinsam beworben.

Die politische Gesamtvertretung der irakischen Christen besteht nach diesen Regionalwahlen mit drei Abgeordneten ausserdem in fünf Sitzen im gesamtirakischen Parlament, zwei im Autonomierat von Irakisch-Kurdistan und dem Umweltminister Sargon Lazon Sliwah in der Zentralregierung Maliki. Der Irak ist für seine Christen noch nicht ganz verloren!

Datum: 22.04.2013
Autor: Heinz Gstrein
Quelle: Livenet

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