Mutter Teresa ist die "grösste Inderin"

Mutter Teresa ist von den Indern nicht vergessen worden.

Neu Delhi. Mutter Teresa von Kalkutta (1910-1997) ist bei einer Zeitschriftenumfrage kürzlich zur "grössten Inderin" gewählt worden. Die überwältigende Mehrheit der 50.000 Einsender zogen die Friedensnobelpreisträgerin dem ersten Ministerspräsidenten Indiens, Jawaharlal Nehru, vor.

Die Umfrageergebnisse werden in der neuesten Ausgabe der indischen Zeitschrift "Outlook" vorgestellt. Allerdings wurde Mahatma Gandhi nicht einbezogen. Man habe "den Vater unserer Nation aus dieser Umfrage heraushalten" wollen, betonte ein Sprecher des Magazins.

Geboren wurde "Der Engel von Kalkutta" am 27. August 1910 in der damals zu Albanien gehörenden Stadt Skopje. Mutter und Vater gaben ihr den Namen Agnes. Als 18jährige trat sie in den Orden der Loretto-Schwestern in Rathfarhan bei Dublin ein. Seit damals trägt sie den Ordensnamen Teresa. Im indischen Darjeeling absolvierte sie ihr Noviziat, die Prüfungszeit für das Ordensleben. Sie wurde Geographie-Lehrerin und schliesslich Direktorin in der Missions-"High-School" Saint Mary in Kalkutta. 1946 geschah aber etwas Aussergewöhnliches: "Gott rief mich", erklärte sie später die plötzliche Berufung, ihr Leben völlig umzukrempeln. Teresa bat, ihr Kloster verlassen zu dürfen, sie wollte nicht länger "höhere Töchter" unterrichten. Ihr Ziel war es, in den Slums von Kalkutta zu arbeiten. Der Orden hatte keine Einwände gegen ihre Pläne, und so zog Teresa nach Tiljala, in eines der schlimmsten Elendsvierteln von Kalkutta.

Ihre erste Station war die Unterkunft einer siebenköpfigen Familie, wo Teresa zu helfen versuchte. Wenige Tage später waren es bereits mehr als 40 Kranke und Hungernde, die von der Ordensfrau in dem Elendsquartier betreut wurden. Verpflegung und Medikamente gab es freilich kaum. Dafür tummelten sich Scharen von Ratten zwischen den Kranken und Sterbenden. Irgendwann war es dann soweit, dass ehemalige Mitschwestern Teresas ab und zu Medikamente schickten. Aber die Sterbenskranken suchten Teresa zum Teil aus einem ganz anderen Grund: Sie wollten Zuneigung und Verständnis. Und Teresa war bereit, ihnen diesen Wunsch zu erfüllen. "Die schlimmste Krankheit", so sagte sie später einmal, "ist nicht die Lepra oder die Tuberkulose, sondern das Gefühl, verlassen und ungeliebt zu sein."

1979 wurde ihr wohl eine der höchsten Auszeichnungen zuteil: Sie erhielt den Friedensnobelpreis. Die damals 69jährige nützte ihre Rede für einen leidenschaftlichen Appell gegen die Abtreibung, und dann liess sie den sonst üblichen Festempfang ausfallen. Das Geld für das abgesagte Festessen steckte Mutter Teresa dennoch ein - für die Armen in Kalkutta.

Mutter Teresa war an den Rummel um ihre Person und besonders an die Fotoreporter gewöhnt; einmal sagte sie scherzhaft: "Ich habe mit Jesus einen Vertrag abgeschlossen, dass er für jede Fotografie, die man von mir macht, eine Seele in den Himmel holen muss, und er war damit einverstanden."

Gedanken von Mutter Teresa: aus dem Buch Mutter Teresa, Der einfache Weg, Bastei-Lübbe-Taschenbuch 61399, Bergisch Gladbach 1997:

Der einfache Weg
Die Frucht der Stille ist das Gebet.
Die Frucht des Gebets ist der Glaube.
Die Frucht des Glaubens ist die Liebe.
Die Frucht der Liebe ist das Dienen.
Die Frucht des Dienens ist der Friede.

Es sei alles so einfach, sagte Mutter Teresa. Warum sollte jemand eine Anleitung für ihren einfachen Weg brauchen? Wir, oder sonst jemand, brauchten nur zu beten und zu beginnen, einander zu lieben.

Der erste Schritt ... besteht darin, es zu wollen.

Trotzdem
Die Leute sind unvernünftig, unlogisch und selbstbezogen, liebe sie trotzdem.
Wenn du Gutes tust, werden sie dir egoistische Motive und Hintergedanken vorwerden, tue trotzdem Gutes.
Wenn du erfolgreich bist, gewinnst du falsche Freunde und echte Feinde, sei trotzdem erfolgreich.
Das Gute, das du tust, wird morgen vergessen sein, tue trotzdem Gutes.
Ehrlichkeit und Offenheit machen dich verwundbar, sei trotzdem ehrlich und offen.
Was du in jahrelanger Arbeit aufgebaut hast, kann über Nacht zerstört werden, baue trotzdem.
Deine Hilfe wird wirklich gebraucht, aber die Leute greifen dich vielleicht an, wenn du ihnen hilfst, hilf ihnen trotzdem.
Gib der Welt dein Bestes, und sie schlagen dir die Zähne aus, gib der Welt trotzdem dein Bestes.

Gegenwart
Nimm dir Zeit zu denken.
Nimm dir Zeit zu beten.
Nimm dir Zeit zu lachen.
Das ist die Quelle der Kraft.
Das ist die grösste Macht auf Erden.
Das ist die Musik der Seele.
Nimm dir Zeit zu spielen.
Nimm dir Zeit zu lieben und geliebt zu werden.
Nimm dir Zeit zu geben.
Das ist das Geheimnis ewiger Jugend.
Das ist das von Gott verliehene Privileg.
Der Tag ist zu kurz, um egoistisch zu sein.
Nimm dir Zeit zu lesen.
Nimm dir Zeit, freundlich zu sein.
Nimm dir Zeit zu arbeiten.
Das ist die Quelle der Weisheit.
Das ist die Strasse zum Glück.
Das ist der Preis des Erfolgs.
Nimm dir Zeit für Werke der Nächstenliebe.
Sie sind der Schlüssel zum Himmel.

Aus einem Gebet
Erlöse mich, o Jesus,
von dem Verlangen, geliebt zu werden,
von dem Verlangen, gerühmt zu werden,
von dem Verlangen, geehrt zu werden,
von dem Verlangen, gelobt zu werden,
von dem Verlangen, bevorzugt zu werden,
von dem Verlangen, zu Rate gezogen zu werden,
von dem Verlangen, anerkannt zu werden,
von dem Verlangen, beliebt zu sein,
von der Furcht, gedemütigt zu werden,
von der Furcht, verachtet zu werden,
von der Furcht, getadelt zu werden,
von der Furcht, verleumdet zu werden,
von der Furcht, vergessen zu werden,
von der Furcht, ungerecht behandelt zu werden,
von der Furcht, verspottet zu werden,
von der Furcht, verdächtigt zu werden.

Quelle KIPA/bg

Datum: 15.08.2002

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