Im Jahr 1988, mit der Tausendjahrfeier der Christianisierung in der Kiewer Rus (dem ersten russischen Reich überhaupt), begann eine Rückbesinnung auf nationale und religiöse Wurzeln. 1991 gewann die Ukraine die Unabhängigkeit. Seither wurden Kirchen wieder instandgestellt, wohl nicht zuletzt, damit der junge Staat alte Wurzeln vorweisen kann. Seit kurzem glänzen die goldenen Kuppeln des Michaelsklosters und der Hauptkirche des Höhlenklosters wieder über der Stadt Kiew, wie die NZZ berichtet. "Ihr Wiederaufbau symbolisiert eine Hinwendung zur Religion", welche Präsident Kutschma mit einem Erlass über die Rückgabe des Eigentums der Religionsgemeinschaften weiter vorantreiben will. Die Juden können inzwischen wieder ein grosse Synagoge im Zentrum Kiews nutzen. Bis zum 1. September soll eine Regierungskommission Vorschläge unterbreiten zur "Rückgabe ehemaliger kultischer Gebäude und anderen kirchlichen Eigentums". Dass sich der Staat, dessen Kassen leer sind, mit dieser Rückgabe um teure Renovationsarbeiten drücken will, darf vermutet werden. Stanislaw Retschinski, Sprecher des Kiewer Metropoliten Wladimir, verweist laut der NZZ darauf, dass die Kommission bisher nicht gebildet wurde. Die Rückgabe würde den verarmten Kirchen zugutekommen. "Doch jede Restitution müsste den Stellungskrieg berücksichtigen, der vor allem zwischen den vier grössten Kirchen des Landes herrscht: der Ukrainischen Orthodoxen Kirche des Moskauer Patriarchats, derjenigen des Kiewer Patriarchats, einer weiteren orthodoxen Kirche und der dem Papst unterstellten Griechisch-Katholischen (Unierten) Kirche." Die Auseinandersetzungen waren ausgebrochen, als die eiserne Hand Moskaus wich. Bis heute streiten verschiedene Kirchen um Gebäude: "Entscheidungen wie die Rückgabe der Sophienkathedrale - an welche Kirche auch immer - könnten einen Konflikt mit aussenpolitischen Verwicklungen provozieren." Quelle: NZZ/Livenet
Datum: 05.07.2002