Deutschland

Darf über Antisemitismus im Islam diskutiert werden?

Darf man über judenfeindliche Ressentiments im Koran und deren heutige politische Instrumentalisierung öffentlich diskutieren oder beleidigt dies Muslime? Darüber wird in Deutschland gestritten. Der Essener Moscheeverband kritisiert die Kultureinrichtung «Alte Synagoge».
Synagoge

Auslöser der Diskussion ist eine Einladung der städtischen Kultureinrichtung «Alte Synagoge» im deutschen Essen zu einem Vortrag des deutsch-israelischen Schriftstellers Chaim Noll (Beer Sheva/Israel) am 12. Mai 2011 mit dem Thema «Antisemitismus heute». In der Einladung heißt es: «Judenfeindliche Ressentiments spielen seit der Niederschrift des Korans im 7. Jahrhundert und dem Massaker gegen die Juden von Medina im Jahre 628 durch Mohammed im Islam eine fundamentale Rolle. Bis heute kann dieser traditionelle Judenhass reaktiviert und politisch instrumentalisiert werden.»

Der Sprecher der Kommission «Islam und Moscheen in Essen», Muhammet Balaban, bezeichnete diese Einladung in einem Offenen Brief an den Essener Oberbürgermeister Reinhard Paß (SPD) als einen Angriff auf den Propheten, den Koran und alle Muslime. Die «Alte Synagoge» leiste «islamfeindlichen Tendenzen enormen Aufschub». Nach Balabans Überzeugung darf eine mit öffentlichen Mitteln geförderte Einrichtung nicht auf diese Weise Hass und Unfrieden säen. Der Oberbürgermeister brachte daraufhin in einem Antwortschreiben Verständnis für Balabans Position zum Ausdruck und äusserte die Überzeugung, dass nach der Pensionierung der bisherigen Einrichtungsleiterin «die neue Leitung der ‚Alten Synagoge‘ sich den Integrationsgedanken deutlich mehr zu eigen macht, als dies bisher der Fall war».

«Antisemitismus unter Muslimen ist ein Fakt»

Der Vorsitzende der CDU-Fraktion im Essener Stadtrat, Thomas Kufen, distanzierte sich von der Position des Oberbürgermeisters: «Es ist nun mal ein Fakt, dass es Antisemitismus auch unter Muslimen und auch in Deutschland gibt. Darüber muss nicht weniger, sondern mehr gesprochen werden.» Der integrationspolitische Sprecher der CDU-Fraktion, Dirk Kalweit, bezeichnete es als «zwingend notwendig, den interreligiösen Dialog auch in seiner kontroversen Auseinandersetzung in öffentlichen Räumlichkeiten führen zu können». Mitveranstalter des Vortrags ist die Gesellschaft für christlich-jüdische Zusammenarbeit in Essen. Deren Geschäftsführer Karl H. Klein-Rusteberg fragte in seiner Stellungnahme: «Warum soll es sich eine soeben als europäische Kulturhauptstadt verabschiedete Kommune nicht leisten können, einer ihrer bedeutenden Einrichtungen schlicht die Freiheit zu geben und nicht dem Mainstream der Meinungsgesellschaft zu entsprechen?»

Zum Thema:
«Alte Synagoge» in Essen (Deutschland)

Datum: 11.05.2011
Quelle: idea.de

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