Pakistan

Blasphemie-Gesetz teilt Menschen in zwei Klassen

Christen bilden eine Minderheit unter den rund 164 Millionen Einwohnern Pakistans. Besonders das landesweit geltende Blasphemie-Gesetz wird zusehends als Schikane willkürlich gegen Christen eingesetzt. Daneben steigt die Zahl von Gewaltakten gegen die Minderheit. Auch vor Morden wird nicht zurückgeschreckt. «Open Doors» fordert, dass sich Pakistan um Gleichberechtigung bemüht und die Zeit der Zweiklassengesellschaft hinter sich lässt.
Die Faisal Moschee in Islamabad (Foto: schaazzz)
Strassenszene in der pakistanischen Stadt Karachi (Foto: skasuga)
(Karte): Pakistan grenzt an Indien, Afghanistan, den Iran und China
Hier setzen sich Christen am UNO-Sitz in Genf mit einer Petition für die Unterdrückten Pakistans ein

Ende März verhaftete die Polizei in der pakistanischen Provinz Punjab die Christin Rubina Bibi. Sie soll den muslimischen Propheten Mohammed «beleidigt» haben. Auf Nachfrage von Khalid Gill, Regional-Koordinator der gesamtpakistanischen Minderheitenallianz (APMA) aus Lahore, bestritt die Polizei von Alipur die Verhaftung. Ausserdem wurde versucht, diese vor Menschenrechtsorganisationen geheim zu halten.

Zum Streit zwischen den beiden Frauen kam es laut APMA wegen einer häuslichen Angelegenheit. Ein radikaler muslimischer Verwandter der Klägerin habe dann aus dem Streit der beiden Frauen eine religiöse Angelegenheit gemacht. Bibi droht bei einer Verurteilung die Todesstrafe oder lange Haft und eine hohe Geldstrafe. Dies ist kein Einzelfall, immer wieder ereilen Open Doors Berichte über vergleichbare Willkür, die durch dieses Blasphemie-Gesetz allzu oft betrieben wird.

36-Jähriger mit Axt erschlagen

Wie nun bekannt wurde, erschlugen im Bezirk Khanewal in der Provinz Punjab sechs Muslime den Christen Rasheed Masih (36) mit mehreren Axthieben. Masih hatte sich geweigert, zum Islam zu konvertieren. Seinen Leichnam liessen sie nahe des Ortes Kothi Nand Singh am Strassenrand liegen. Die Tatverdächtigen sind weiter auf freiem Fuss.
Am 19. März wurde Arshed Masih (38) Familienvater und Christen bei lebendigem Leib angezündet. Er hatte sich geweigert, seinen Glauben zu widerrufen und zum Islam zu konvertieren. Zudem vergewaltigte ein Polizist seine Ehefrau Martha Masih.

Ahndung mit Gewalt verhindert

Mit Gewalt setzten fünf Männer eine verarmte christliche Familie unter Druck, ihre Anzeige wegen Vergewaltigung zurückzuziehen. Die Männer waren am 26. Februar mit einer Pistole und einem Dolch und Bambusknüppeln bewaffnet in das Haus von Piyara Masih in Lahore, der Hauptstadt des Punjabs, eingedrungen. Laut Aussage der Familie haben vier der Angreifer am Ostersonntag im Jahr 2007 die damals 13-jährige Tochter vergewaltigt. Danach entführten die Peiniger das Mädchen und hielten es versteckt. Die Polizei konnte sie später befreien.

Erst nach intensiven Bemühungen des Anwaltes, christlicher Politiker und Geistlicher sowie aufgrund eines Beschlusses des Obersten Gerichtshofs von Lahore nahm die Polizei am 2. März die Anzeige gegen die Tätergruppe an. Wie die Familie berichtete, erhält sie weiterhin Todesdrohungen.

Drei Christen zu lebenslanger Haft verurteilt

Ein christliches Ehepaar ist Anfang März gemäss der in Pakistan geltenden Blasphemie-Gesetze wegen Entweihung des Islam zu lebenslanger Haft verurteilt worden. Das Paar weist jeden Vorwurf zurück. Eine Woche zuvor verurteilte ein Gericht auch einen anderen Christen wegen Blasphemie zu 25 Jahren Gefängnis.

Am 3. März verurteilte ein Gericht Ruggiya Bibi und ihren Mann Munir Masih aus Kasur nach Abschnitt 295-B des pakistanischen Strafrechts (Entweihung des Korans). Die beiden waren im Dezember 2008 in Mustafabad verhaftet worden, weil sie einen Koran ohne die im Islam vorgeschriebene rituelle Waschung berührt haben sollen. Ihr Anwalt Tahir Gul vom Rechtshilfezentrum CLAAS berichtete, dass es im Vorfeld zu einem Streit zwischen muslimischen und christlichen Kindern gekommen war. Dieser eskalierte später in einen Konflikt zwischen den Eltern der Kinder. Im Gerichtsverfahren sagten Zeugen aus, das Paar benutze den Koran für schwarze Magie.

Ebenfalls zu 25 Jahren Haft - das entspricht in Pakistan lebenslanger Haft - verurteilte am 25. Februar ein Gericht in Karachi den Christen Qamar David. Das Urteil erging nach Abschnitt 295-A wegen Verletzung religiöser Gefühle einer Gemeinschaft sowie Abschnitt 295-C wegen herabsetzender Bemerkungen über den islamischen Propheten Mohammed. Zudem muss David eine Geldstrafe von umgerechnet 875 Euro zahlen. Der Christ soll im Mai 2006 SMS mit blasphemischen Äusserungen verschickt haben.

Sein Anwalt Pervaiz Aslam Chaudhry teilte mit, dass der Schuldspruch jeder Grundlage entbehre. Alle 16 Zeugen hätten vor Gericht ausgesagt, dass nicht David der Absender der Nachrichten gewesen sei, sondern der Besitzer des Telefons, von dem die Zeugen die blasphemischen Botschaften erhalten hatten. Das fragliche Handy gehöre dem Muslim Munawar Ahmad. «Trotz dieser Tatsachen hat das Gericht Ahmad nun von allen Anklagen reingewaschen», so Anwalt Chaudhry.

«Open Doors» fordert Gleichberechtigung

Das Hilfswerk «Open Doors» ist schockiert darüber, wie viele Gewaltakte Radikale gegen Christen verüben. Gerade im letzten Monat reihte sich eine Meldung von Übergriffen an die andere, so wurden etwa mehrere Mitarbeiter des Hilfswerks «World Vision» erschossen. Von der Regierung des Landes fordert «Open Doors» den Schutz der christlichen Minderheit und die Sicherstellung einer effektiven Strafverfolgung bei Angriffen - auch wenn diese auf Christen verübt werden.

Im April 2009 auf der «Durban-2-Konferenz» sowie im März 2010 auf der Versammlung des Menschenrechtsrats forderte Pakistan im UNO-Hauptsitz in Genf die Hochachtung vor dem islamischen Glauben. «Open Doors» fordert, dass Pakistan im eigenen Land die gleiche Achtung seiner christlichen Minderheit zukommen lässt und den Pfad der Zweiklassengesellschaft verlässt.

Quelle: Open Doors

Datum: 15.04.2010

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