Kritisches Lehrbuch deckt auf

«Wie Evolution funktioniert, ist unbeantwortet»

Das Standardwerk «Evolution – ein kritisches Lehrbuch» ist soeben in seiner siebten Auflage erschienen. In dieser sind neuste Funde und Befunde berücksichtigt, der Blickwinkel der Schöpfung wird sachlich dargestellt. Wir sprachen mit dem Mitautor und Biologen Reinhard Junker, Mitarbeiter der Studiengemeinschaft «Wort und Wissen».
Löwenzahn

Jesus.ch: Reinhard Junker, die Neuauflage von «Evolution – ein kritisches Lehrbuch» ist gerade erschinen, was muss man über dieses Buch wissen?
Reinhard Junker: Dieses Buch behandelt Evolutionsfragen aus kritischer Perspektive. Es gibt zwei grosse Hauptthemengebiete. Das Eine ist die Frage nach den Indizien für Evolution. Man sagt ja, es gebe viele Befunde, die quasi Beweise dafür seien, dass es eine allgemeine Evolution der Lebewesen gab – das hinterfragen wir und zeigen auf, dass die Indizienlage keineswegs so gut ist, wie sie meistens dargestellt wird. Und dass es Indizien dafür gibt, die man sehr gut aus der Perspektive einer Schöpfung verstehen kann und die eher problematisch sind, wenn man von einer Evolution ausgeht.

Und das andere Hauptthemengebiet ist die Frage nach dem «Wie». Was weiss man den über Veränderungsvorgänge, die man im Freiland beobachten kann, über viele Generationen hinweg oder im Labor bei Experimenten. Wie funktioniert das Ganze? Da gibt es schon lange Grundvorstellungen, die auf Charles Darwin zurückgehen. Demnach geht man davon aus, dass es durch Mutationen funktioniert und dann durch Auslese der Bestangepassten als «Grundstrickmuster» der Evolution; und dann gibt es da noch viele neuere Ideen, was man sich noch dazudenken müsse und diese Ideen und Überlegungen werden in diesem Buch ebenfalls kritisch analysiert.

Hauptaussage dieser Teile des Buches ist, dass die wesentlichen Fragen, wie Evolution funktioniert, nach wie vor unbeantwortet sind.

Es ist eine neuüberarbeitete Auflage. Können Sie ein oder zwei neue Beispiele schildern?
In der Neuauflage gibt es vor allem im Kapitel über Molekularbiologie viele neue Abschnitte, denn das ist ein Bereich, in dem sehr viel geforscht wird. Es ist ein Brennpunkt in der Biologie und Evolutionsbiologie-Forschung. Auch beim Thema «Entstehung der Menschheit» wurde vieles neu eingearbeitet. Da gab es in den letzten fünf bis sieben Jahren wichtige neue Funde. Auch die anderen Kapitel wurden überarbeitet oder ergänzt.

Es sind wichtige Themen, wie etwa, ob die Evolution den Alleinvertretungsanspruch haben kann, um etwas über die Geschichte der Lebewesen zu sagen. Oder kann man auch mit guten Gründen Schöpfung als Deutungsmöglichkeit ins Spiel bringen? Das wird von vielen bestritten. Da können wir sehr gut argumentieren, dass es sachlich in keiner Weise gerechtfertigt ist, den Schöpfungsansatz von vornherein ausschliessen zu wollen.

Auch die Schöpfung wird dargestellt. Was für Gründe sprechen dafür und wie wird dies im Buch dargestellt?
Man muss beim Thema «Schöpfung» differenzieren. Zum einen kann man ganz allgemein von Schöpfung sprechen, indem man sagt, dass es einen Verursacher gibt. Eine geistige Verursachung, jemand hat mit Zielorientierung und Planung Dinge ins Dasein gebracht. Das ist jetzt noch nicht spezifisch biblisch. In diesem allgemeinen Sinn kann man sehr gut für die Schöpfung argumentieren, indem man einfach darauf hinweist, dass es unglaublich viele Eigenschaften und Fähigkeiten der Lebewesen gibt, die man sehr gut verstehen kann, wenn man von einer Zielorientierung ausgeht und die man bisher nicht verstehen konnte, wenn man sagt, es hätten nur blosse Naturgesetzmässigkeiten bei der Entstehung der Lebewesen und ihrer Organe gewirkt.

In den Lebewesen steckt viel Geist. Gibt es noch weitere Punkte, die für eine Schöpfung sprechen?
Darüber hinaus wird dargestellt, dass Lebewesen-Gruppen – wir sprechen  von Grundtypen – voneinander abgegrenzt werden können. Dafür gibt es gute Argumente. Dann haben wir auch Fragen in Bezug auf die Verteilung der Merkmale bei verschiedenen Arten. Verteilen sich die Merkmale so, dass man sie gut durch einen Stammbaum bringen kann oder ist eher so wie in einem Baukasten-System wo man eher alles Mögliche miteinander kombinieren kann. Es gibt viele Beispiele dafür, dass sich die Merkmalsvielfalt nicht gut in einen Baum einfügen lässt, den man von der Evolution her erwarten würde, sondern eher in ein Netzwerk von Beziehungen. Das passt viel besser zur Schöpfung, weil ein Schöpfer natürlich frei ist, beliebige Merkmals-Kombinationen praktisch zusammenzufügen.

Da gibt es auch Argumente, die sehr gut zur Schöpfung passen und die Evolution zumindest mal kompliziert erscheinen lassen, wenn man sie bevorzugt.

Nennen Sie doch da ein Beispiel?
Wir kennen alle die Blütenpflanzen und ihre Früchte, zum Beispiel die Schirmchenflieger bei der Pusteblume. Solche Schirmchenflieger gibt es aber auch beim Baldrian. Der ist jedoch überhaupt nicht verwandt mit den Korbblütlern, zu denen der Löwenzahn, also die Pusteblume, gehört. Demnach muss diese Konstruktion zweimal unabhängig voneinander entstanden sein, auf letztlich zufälligen Wegen. Das erscheint unglaubhaft. Dagegen finde ich die Idee, dass ein Bauplanelement mehrfach von einem Schöpfer verwendet wurde, nämlich ein Schirmchen als Verbreitungsmittel, viel plausibler.

Solche Beispiele gibt es in Hülle und Fülle, gerade wenn man sich bei den Verbreitungsmitteln der Blütenpflanzen umschaut: Da gibt es Samen, Kapseln, Federschweifflieger, behaarte Samen und andere, die es vielfach unabhängig gibt. Wie beim Baukastensystem ist es immer wieder dasselbe, kommt aber in Pflanzen vor, die sonst in anderer Hinsicht gar nicht näher verwandt sind. Das lässt sich, wenn man es in einem Stammbaum anordnet, nur so nachvollziehen, dass vielfach gleiche Baupläne oder Bauplanelemente unabhängig entstanden sind. Oder aber man nimmt eben an, dass es eine netzwerkförmige Beziehung der verschiedenen Gruppen untereinander gibt. Und ein Netzwerk ist nun mal kein Stammbaum.

Datum: 03.12.2013
Autor: Daniel Gerber
Quelle: Jesus.ch

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