Glaubwürdigkeit ist Topthema in der Krise
«Ich möchte eins klarstellen: Es war einzig und allein mein Fehler», sagte Merkel in ihrem Statement. Sie hob damit die vorgesehene strenge Coronaregel über Ostern auf und entschuldigte sich dabei auch über das «daraus resultierende zunehmende Unverständnis» und die sinkende Akzeptanz der Corona-Regelungen. Zuvor musste sich auch Merkel wie der Schweizer Bundesrat den Vorwurf anhören, willkürlich und diktatorisch zu reagieren.
Keine billige Entschuldigung
Entschuldigungen sind nicht die Sache von Politikern, meistens reagieren sie mit Vorwürfen mit Rechtfertigungen oder machen selbst Vorwürfe. Speziell bei der Entschuldigung von Angela Merkel war, dass sie die Schuld für den verhängten Lockdown über die Osterfeiertage ganz allein auf sich nahm. Dabei darf man ihr zugestehen, dass sie dies nicht leichtfertig tat, ist ihr doch Ostern selbst nicht einfach ein Tag unter anderen.
Ein politisches Erdbeben
Mit ihrer Entschuldigung löste Merkel ein politisches Erdbeben mit unzähligen Kommentaren aus. Diese bewegten sich zwischen Selbstschädigung der bald abtretenden Bundeskanzlerin auf der einen und dem Gewinn von Glaubwürdigkeit auf der andern Seite.
Wir meinen, Merkel hat damit an Glaubwürdigkeit gewonnen, nicht nur für sich, sondern auch für Politikerinnen und Politiker ganz allgemein. Sie steht für eine «Obrigkeit», die auch aus christlicher Sicht Unterstützung verdient, wie es Paulus im 13. Kapitel des Römerbriefs beschreibt.
Ein Glaubwürdigkeitstest
In Zeiten der Corona-Pandemie steht die politische Führung der Länder weltweit unter einem Glaubwürdigkeitstest wie schon lange nicht mehr. Sie müssen glaubwürdig und auch erfolgreich agieren, ohne dass ihnen Erfahrungswerte oder gar Routine helfen. Sie müssen damit umgehen können, wenn ihnen im Rückblick Fehlentscheide vorgeworfen werden.
Etliche Staatschefs werden als Versager dastehen, andere als Helden. Wenn sie schlechte Entscheidungen gefällt haben, bleiben ihnen Vorwürfe auch dann nicht erspart, wenn sie im Kollektiv entschieden haben wie in der Schweiz. Letztlich werden hier Erfolg oder Misserfolg am «Gesundheitsminister» Alain Berset hängen bleiben.
Mit Kritik gut umgehen
Christen, denen die Mitverantwortung für die «Obrigkeit», also die staatlichen Behörden, wichtig ist, werden sich Kritik immer gut überlegen und wo nötig um Verständnis für unpopuläre Massnahmen eintreten, selbst wenn sie diese nicht in jedem Fall nachvollziehen können. Sie werden froh sein, nicht selbst in die Verantwortung für die Gesundheit der Bevölkerung gestellt zu sein. Und sie werden sich darauf stützen können, dass auch in wirren Zeiten einer über das Schicksal der Welt wacht, auch wenn die Zeichen dafür nicht ohne weiteres sichtbar sind. Schon der grosse Theologe Karl Barth sagte in unsicheren Zeiten: «Es wird regiert.»
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Datum: 30.03.2021
Autor: Fritz Imhof
Quelle: Livenet