Vor Gott ganz werden

«Heilungen sind ein Teil der neuen Schöpfung»

Christliche Gemeinden sollten dem Gebet für Kranke und Leidende Raum geben. Pfarrer Thomas Bachofner von der Thurgauer reformierten Erwachsenenbildung vertraut auf das heilende Wirken von Gottes Geist im Körper und in der Seele.
Gebet für Heilung gehört in die Mitte der Kirche: Pfr. Thomas Bachofner.

«Wir treten durch das Gebet in Gottes Gegenwart ein, spüren, wie sich Gott uns ganzheitlich zuwendet», äussert Bachofner im Gespräch mit der Zeitschrift idea Spektrum. «Vielleicht nehmen wir auch wahr, wie der Heilige Geist durch uns fliesst, wie wir innerlich berührt werden.» Er erwartet auch, «dass seelische Wunden, die sich auf den körperlichen Bereich auswirken können, geheilt werden».

Vom Rand der Kirche in die Mitte

Das Thema Heilung durchziehe die ganze Kirchengeschichte, sagt Thomas Bachofner «doch das Phänomen Heilung fand mehr und mehr am Rand der Kirche statt». Es sei eher als Bedrohung empfunden und vor allem bei geistlichen Aufbrüchen und in Ordensgemeinschaften gepflegt worden. Dabei geriet Wesentliches aus dem Blick: «Heilungen sind Zeichen von Gottes Herrschaft. Sie sind Vorboten der Auferstehungskraft und ein Teil der neuen Schöpfung. Sie weisen über sich hinaus auf den eigentlichen Heiler, nämlich Jesus Christus. Er will sich nicht nur um die Reparatur eines kaputten Knies kümmern, sondern um die ganzheitliche Heilung des Menschen.»

Der Auftrag von Jesus für den Dienst heute

Thomas Bachofner bezieht den Auftrag von Jesus an die Jünger auf heute: «Jesus hat die Jünger beauftragt, das Evangelium zu verkündigen und die Kranken zu heilen.» Die Gabe und Vollmacht zu heilen habe er nicht sich vorbehalten. «Es gehört zur Ausbreitung des Reiches von Gott. Wir sind als Jesu Nachfolger auch in diesen Dienst gerufen.» In allem geht es darum, vor Gott ganz zu werden (so übersetzt Bachofner die Weisung an Abraham in 1. Mose 17,1).

Grosses Echo

Ein Seminar «Sei ganz!», das er kürzlich mit der Kirchgemeinde Bischofszell durchführte, stiess auf grosse Resonanz; statt der erwarteten 25 kamen 65 Teilnehmer. Leute hätten innere Belastungen, körperliche Schmerzen und auch Beziehungsfragen vor Gott bringen können. «Ziel ist, möglichst an die Wurzeln eines Leidens zu kommen.» Bachofner zielt darauf ab, dass leidende Menschen am Ort, in ihrer Kirchgemeinde, eine Anlaufstelle haben.

Vertrauen statt Skepsis

Dem glaubensvollen Gebet, das die gesamte Lebensgeschichte einbezieht und keine falschen Erwartungen weckt, steht hierzulande immer noch ein Vernunftglaube entgegen, auch in kirchlichen Kreisen. Für Bachofner ist klar: «Das Wirken des Geistes lässt sich nicht gut rational einordnen.» Es könne auch nicht immer um körperliche Heilung jetzt gehen. «Vielleicht will der Geist Gottes einfach aufzeigen, wo die Wurzeln eines Leidens liegen und Kraft schenken, um ein Leiden zu tragen.» Tief im Herzen habe allerdings auch jeder verkopfte Mensch eine Sehnsucht nach Heilung.

Langer Weg in die Kartause

Nach 16 Jahren im Pfarramt in Gossau ZH hat Bachofner im Juli 2011 die Leitung von tecum übernommen, dem Zentrum für Spiritualität, Bildung und Gemeindebau der Evangelischen Landeskirche Thurgau in der Kartause Ittingen. Mit Heilung hat er sich seit vielen Jahren beschäftigt: Nach dem Tod seiner Mutter infolge von Krebs – er war 20 – belegte er im Theologiestudium in Kalifornien einen Kurs mit den führenden Charismatikern Peter Wagner und John Wimber. Der Jahreskurs der Schule für Heilung in Thun, ein Studienurlaub und Gespräche mit Professor Ralph Kunz (Uni Zürich) haben ihm geholfen, in der Kartause, einem ehemaligen Kartäuserkloster, heilungsorientierte Akzente zu setzen. Am Pfingstmontag findet in der Klosterkirche eine Segnungsfeier Ich bin dir nah statt. Im September folgt ein Seminar «Heilwerden in Gottes Gegenwart».

Eine Frage des Vertrauens

Angebote in diesem Bereich sind, dies räumt Bachofner ein, auch eine Frage des Vertrauens. «Das Vertrauen nimmt zu, wenn ein realistischer Ansatz da ist. Man darf den Menschen nicht das Blaue vom Himmel versprechen und Erwartungen wecken, die nie eingelöst werden können. Das Vertrauen wächst auch, wenn der Seelsorger interdisziplinär vernetzt ist mit Medizinern und Psychologen und wenn ein klar ersichtlicher institutioneller Rahmen vorhanden ist.»

Das ganze Interview mit Thomas Bachofner in idea Spektrum Schweiz.

Datum: 26.03.2012
Autor: Peter Schmid
Quelle: Livenet / idea Spektrum Schweiz

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