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Mehr gegen den Hunger tun

Hunger ist und bleibt ein Skandal, wenn genug Nahrungsmittel produziert werden, um alle Menschen zu ernähren. Ein neuer Bericht beleuchtet die Herausforderungen.
Korn um Korn: Weizen dreschen im indischen Gliedstaat Bihar.
Hunger geht auch uns an: Internationaler Tag der Armutsbekämpfung in Genf, Oktober 2010.
Wie viel ernten wir nächstes Jahr? Arbeiter in Nordindien auf den Weg nach Hause.


Während der Westen 2008 mit dem schweren wirtschaftlichen Einbruch beschäftigt war, rangen die Armen der Welt darum, sich bei stark gestiegenen Preisen zu ernähren. Innert weniger Monate stieg die Zahl der Hungernden auf über eine Milliarde Menschen. Seither soll sie auf 925 Millionen gefallen sein. Doch im zweiten Halbjahr 2010 schossen die Nahrungsmittelpreise wieder in die Höhe. Nach den Brandkatastrophen verhängte Russland einen Weizenexportstopp. In der Folge kosteten auch Reis und Mais deutlich mehr. Im Dezember verzeichnete der Gesamtindex der UN-Organisation FAO einen neuen Rekordstand, weil Zucker, Öle und Fette sich stark verteuert hatten.

Die Bekämpfung von extremer Armut und Hunger ist das erste der acht Millenniumsziele der Vereinten Nationen. Bis 2015 sollte die Zahl der Hungernden Menschen auf die Hälfte zurückgehen. Von diesem Ziel ist die Weltgemeinschaft weit entfernt.

Herausforderungen durch Klimawandel kompliziert

Von der britischen Regierung beauftragte Wissenschaftler haben Ende Januar in einer über 200-seitigen Studie mit Hilfe von Experten in 34 Ländern die Herausforderungen für die globalen Ernährung dargelegt. Bei wachsender Bevölkerung, steigenden Ansprüchen, zunehmendem Wettbewerb um Land, Wasser und Energie sind sie dramatisch, zumal mit dem Klimawandel vermehrt Ausfälle auftreten könnten. Die fünf grössten Herausforderungen für die Autoren des Berichts sind:

  • Nachhaltige Balance von Angebot und Nachfrage: dass Nahrung bezahlbar bleibt
  • Angemessene Stabilität des Nahrungsangebots und Schutz der Armen bei starken Schwankungen
  • Zugang zu Nahrung für alle Menschen – nicht nur genügend Nahrung
  • Die Nahrungsmittelverteilung gemäss dem Klimawandel anpassen
  • Schutz der Umwelt und Biodiversität in der Versorgung der Weltbevölkerung

Ökologische Faktoren und Herrschsucht

Zur Sorge Anlass gibt besonders der Schaden an der Natur, den Nahrungsmittelproduzenten anrichten oder hinnehmen: Guter Boden wird weggeschwemmt, Böden verlieren ihre Fruchtbarkeit, indem sie versalzen oder sonst geschädigt werden. Der Grundwasserspiegel sinkt unaufhörlich, die Überfischung mancher Meere bedroht die Existenz von Millionen. Die Düngerproduktion mit hohem Einsatz fossiler Energie ist problematisch.

Nach Schätzungen wird ein Drittel aller Nahrung verschwendet; viel verdirbt durch unzureichende Lagerung. Der Nahrungsmangel trifft die Weltbevölkerung als ganze, denn Aufstände wegen Hunger führen zu Flüchtlings- und Migrationswellen. Zudem zerstört der industrielle Landbau Ressourcen und verursacht hohe Umweltemissionen.

Im diktatorisch beherrschten Krisenstaat Simbabwe brauchen mehrere Millionen Menschen Nahrung aus dem Ausland, um die nächsten Monate zu überleben. Derzeit ist nach einer Erhebung in 1,3 Millionen Haushalten der früheren Kornkammer Südafrikas die Ernährung nicht gesichert.

Weichen jetzt stellen

Die Autoren fordern umfassende internationale Zusammenarbeit, damit für die nächsten Jahrzehnte die Weichen richtig gestellt werden können. „Entscheidungsträger müssen auch anerkennen, dass Nahrung ein einzigartiges Gut ist.“ Es geht um viel mehr als Ernährung, Wirtschaft und Nahrungssicherheit – Nahrung ist wesentlich für das Überleben und die Entwicklung der Menschen. Ernährungsdefizite im Mutterleib und in der frühen Kindheit wirken sich lebenslang aus. Die Nahrungsmittelproduktion hängt stark mit kulturellen und religiösen Fragen zusammen.

Weniger Fleisch produzieren

Zwischen 1967 und 2007 hat sich die globale Nahrungsmittelproduktion mehr als verdoppelt, bei bloss 8 Prozent mehr Land. Angesichts der 9-Milliarden-Prognose für 2050 fordern die britischen Experten, dass mehr Nahrung nachhaltig produziert und die Nachfrage nach den Nahrungsmitteln, deren Produktion am meisten Ressourcen erfordert, beschränkt wird. Vor allem aber soll der Verlust von Nahrung auf dem Weg zum Verbraucher minimiert werden.

Kleinbauern fördern

Ungezählte Menschen brauchen 60-80 Prozent ihrer mageren Einkünfte für Nahrungsmittel. Die FAO sah die Nahrungsmittelkrise schon 2007 voraus. 2008 wurde Nothilfe gegeben. 2009 fasste die FAO Strategien zur Hungerbekämpfung für 58 Länder in einem Papier zusammen. Zur Hauptsache zielen sie darauf, dass Kleinbauern über den Eigenverbrauch hinaus Lebensmittel erzeugen und Krisen und Katastrophen möglichst aus eigener Kraft überstehen können. Die EU half der FAO mit einer Milliarde Euro, 2009 weitere Hilfsprojekte anzustossen. Im Juli sagten die G-20-Länder auf dem Gipfel in L’Aquila 20 Milliarden für Investitionen in nachhaltige landwirtschaftliche Entwicklung und Ernährungssicherheit zu.

Wenn Fremde Täler und Ebenen kaufen

Am achten Weltsozialforum in Dakar (Senegal) thematisierten Schweizer Organisationen die Freihandelsabkommen sowie den fairen Handel. Alliance Sud, die Arbeitsgemeinschaft grosser Hilfswerke, weist in einem Dossier auf die verstärkte Landnahme, das Land Grabbing durch ausländische Staaten und Firmen hin. Dass Investoren riesige Flächen aufkaufen, bedroht Millionen von Menschen in den Dörfern in ihrer Existenz.

Datum: 14.02.2011
Quelle: Livenet.ch

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