Schweizer Missionare helfen den Opfern
Livenet: Markus
Dubach, wie hat die ÜMG auf das Erdbeben, den folgenden Tsunami und die sich
abzeichnende Atom-AKW Katastrophe reagiert?
Markus Dubach: Zuerst
möchte ich allen unser aufrichtiges Beileid aussprechen, die in dieser
Katastrophe in Japan Angehörige und Freunde verloren haben, aber auch denen,
die Hab und Gut verloren haben.
Japan ist katastophengefärdet. Deshalb haben Christen in Japan in den
letzten Jahren ein Netzwerk aufgebaut: CRASH (Christian Relief, Assistance,
Support and Hope - www.crashjapan.com).
Das Ziel dieses Netzwerkes von Freiwilligen ist es, Christen in Japan zu
befähigen, im Krisenfall Jesu Liebe praktisch und effektiv weiterzugeben.
Dieser Krisenfall ist nun eingetreten, und die ÜMG, wie auch andere Missionen,
haben einige Mitarbeiter für die Nothilfearbeit unter der Leitung von CRASH
freigestellt.
Wo setzen sich diese
Mitarbeiter konkret ein?
Die ÜMG hat unter der
Leitung von Feldleiter Wolfgang Langhans ein Japan Krisenmanagement-Team
gebildet, das täglich über die aktuelle Situation und nächste Schritte spricht
und entscheidet. Zum Team gehören erfahrene Mitarbeiter mit dem nötigen
logistischen und medizinischen Fachwissen.
Nach intensiven Beratungen hat das Team entschieden, den über 50
Missionaren in Tokio und Umgebung freizustellen, ob sie die Gegend verlassen
möchten oder nicht. Weitere 50 Mitarbeiter sind in Hokkaido, das 800 km von
Fukushima entfernt ist. Einzelne, vor allem Mütter mit Kindern, haben von
diesem Angebot Gebrauch gemacht. Andere sehen sich von Gott berufen auszuharren
und nach Kräften mitzuhelfen, wo immer Not herrscht. Trotz der Gefahr, die von
Fukushima ausgeht, geht das Leben weiter. So wird einer unserer Mitarbeiter am
Samstag in Tokyo ein junges Paar trauen dürfen – Hoffnung lebt, trotz der
Katastrophe.
Wer arbeitet im
Auftrag der ÜMG in Japan? Was hat die Katastrophe bei ihnen ausgelöst? Wie hat
es ihr Leben verändert?
Die ÜMG hat gut 100
Mitarbeiter in Japan, die meisten von ihnen sind im Gemeindebau, an
Bibelschulen und in unterstützenden Diensten tätig. Das Ziel der ÜMG ist, dass Gott durch die Menschen in Japan zu verherrlicht
wird. Eine Mitarbeiterin, die wohl für viele spricht, hat es wie folgt
ausgedrückt: «Persönlich kann ich nur sagen, dass die Katastrophe mich
erschüttert hat. Sie hat mein Leben verändert, weil ich mir bewusster geworden
bin, wie sehr wir von Gottes Fürsorge abhängig sind.»
Aus Mails von Mitarbeitern in Japan ist ersichtlich, dass sie in aller
Unsicherheit auch Gelegenheiten haben zu zeigen, dass Gott an jeder einzelnen
Person interessiert ist. So gelangte zum Beispiel der Vater eines japanischen
Pfarrers durch die Krise zur Überzeugung, dass auch er sein Leben für Jesus
öffnen will.
Wie deuten die
Mitarbeitenden in Japan die Katastrophe aus biblischer Sicht?
Im Alten Testament –
vor allem im Buch Jona – wird deutlich, dass «Gerichte», wir würden heute sagen
«Katastrophen», oder deren Androhung immer auch ein Aufruf zur Umkehr sind. Das
Aufdecken von Schuld, von falschen Prioritäten oder Zielverfehlungen ist ein
Zeichen der Gnade Gottes. So sagte zum Beispiel Tokios
Gouverneur Shintaro Ishihara, dass seine Landsleute selbstsüchtig und
konsumorientiert seien.
Gott gibt uns die Möglichkeit zu einem Neuanfang. Die Strategie der ÜMG in
Japan bleibt aber unverändert, nämlich: strategischer Gemeindebau, Ausbilden
und Zurüsten von Mitarbeitern und Mobilisation für interkulturelle Mission. Wir
sind überzeugt, dass Gott Japan nochmals eine Zeit der Gnade schenkt. Deshalb
bleiben viele unserer Mitarbeiter vor Ort in der festen Hoffnung, dass sich
Menschen zu Jesus hinwenden.
Was können Sie in dieser Lage überhaupt für die Menschen tun?
Für die Christen? Für die andern Mitmenschen?
Ein Prinzip der ÜMG
Japan ist, dass sie strategische Möglichkeiten ausnutzen wollen, die Gott ihnen
vor die Füsse legt. Deshalb beten wir immer wieder um solche Möglichkeiten. Nun
traf eine ein, auch wenn diese unsere Vorstellungen bei weitem übersteigt.
Wichtig ist deshalb, dass Christen rund um die Welt für Japan beten. Gott hat
eine Tür geöffnet (Die Bibel, 1. Korintherbrief, Kapitel 16,
Vers 9).
Wir sind dankbar, dass CRASH schon vor der Katastrophe ein Netzwerk von
japanischen Freiwilligen und Missionaren aufgebaut hatte, das nun aktiv wird.
Unmittelbar nach dem Erdbeben wurden eine Einsatzzentrale in Betrieb genommen,
der «Sendai Nothilfefonds» eröffnet und erste Abklärungen unternommen. Soeben
sind die ersten Hilfsgüter bei Menschen in den kalten Notunterkünften
angekommen, die immer noch an Wasser- und Lebensmittelmangel leiden.
Gibt es auch
Möglichkeiten, in der gegenwärtigen Situation Seelsorge und Ermutigung aus
biblischer Sicht zu vermitteln?
Oft ist schon die
Anwesenheit unserer Mitarbeiter eine grosse Ermutigung für die Japaner, und es
braucht gar nicht viele Worte. So, wie dies auch Hiobs Freunde zuerst taten –
schweigendes Mitleiden und Mitfühlen. Weiter ist eine Initiative gestartet
worden, übers Internet Menschen Hilfen anzubieten, wie sie trauern können, wie
sie mit Suizidgedanken umgehen sollen und wie sie traumatische Erlebnisse
verarbeiten können.
Wie lautet die
biblische Message der Missionare an die betroffenen Menschen in Japan?
Die biblische Botschaft an die Betroffenen ist, dass wir in Gottes Hand sind
und um seinen Frieden im Herzen beten können (Philipper 4,6-7 und Psalm
46,2-4). Ein Bekannter von mir hat es so ausgedrückt: «Der letzte Sonntag war
speziell. Wie freuten wir uns, viele vertraute Gesichter in der Kirche zu
sehen. Wir lobten und priesen Gott miteinander, obwohl das Gebäude, in dem wir
uns versammelt hatten, von den Nachbeben immer wieder schwankte. Der Heilige
Geist zeigte mir, dass ich über die Stillung des Sturms predigen sollte. Wir
alle fühlten uns an diesem Sonntag wie die Jünger – ängstlich und total
unsicher. Doch wir wollen unser Vertrauen ganz auf Gott setzen. Er kann und
will uns seinen Frieden in unsere Herzen geben.»
Webseite:
Weitere Informationen zur Arbeit der ÜMG in Japan
Datum: 18.03.2011
Autor: Fritz Imhof
Quelle: Livenet.ch