Blasphemie-Debatte

Wie reagieren, wenn Gott beleidigt wird?

Die Beleidigung von Religion sollte nach Ansicht des deutschen Philosophen Robert Spaemann unter Strafe gestellt werden. Der Staat dürfe nicht zulassen, dass Religion «ungestraft öffentlich verhöhnt und lächerlich gemacht werden darf».
Philosoph Robert Spaemann: Beleidigung der Religion sollte unter Strafe gestellt werden.

Um die Frage, ob Gotteslästerung bestraft werden sollte, ist eine neue Diskussion entbrannt. Blasphemie wird in der Regel kaum noch strafrechtlich verfolgt. Religiöse Beleidigung ist nur dann strafbar, wenn sie den öffentlichen Frieden gefährdet.

Gott und Bürger unterscheiden

Schon vorher hatte sich der deutsche Schriftsteller Martin Mosebach ähnlich dazu geäussert. Der Philosoph Robert Spaemann vertritt die Meinung, dass der säkulare Staat zwar nicht die Beleidigung Gottes unter Strafe stellen darf, wohl aber die Beleidigung der religiösen Gefühle seiner Bürger.

Spaemann wie auch Mosebach verweisen darauf, dass das deutsche Grundgesetz auf christlichen Fundamenten ruhe; der Staat müsse daher ein Interesse an ihrem Schutz haben. In einem Aufsatz schrieb Mosebach: «Hier läge eine Pflicht des Staates begründet, jenen Gott, auf dessen Geboten er seine sittliche Ordnung aufbauen will, vor Schmähung zu bewahren, die dieser sittlichen Ordnung auf Dauer den Respekt entziehen würde.» Er bedauere, dass heute die Meinung mehrheitsfähig sei, Christen müssten die Beleidigung ihres Glaubens klaglos hinnehmen.

«Beleidigung ist strafbar»

Dieser Ansicht schliesst sich auch Spaemann an. Er macht jedoch einen Unterschied: Es gehe nicht um die Strafverfolgung der Beleidigung Gottes, sondern der Bürger, denen Gott heilig ist. Das Strafmass sollte etwa das Doppelte dessen betragen, was auf die Beleidigung von Menschen steht.

Islam privilegiert?

Da Gotteslästerung nur dann strafbar sei, wenn sie den öffentlichen Frieden gefährde, geniesse in Deutschland faktisch nur noch die islamische Religion den Schutz des Gesetzes, nicht aber die christliche. Spaemann: «Denn Christen reagieren auf Beleidigung nicht mit Gewalt, Muslime aber teilweise schon – und keineswegs nur Islamisten». In einer muslimischen Theokratie müsse die Beleidigung Gottes mit der Höchststrafe geahndet werden. Christen hätten von jeher dem Staat das Gewaltmonopol zuerkannt, aber dann auch auf dessen Schutz gehofft.

Bürger schützen

Zwar schliesse auch das Christsein die prinzipielle Bereitschaft ein, das Bekenntnis zu Gott und zu Jesus mit dem Tode zu bezahlen – aber mit dem eigenen, nicht mit dem eines anderen. Spaemann: «Darum hat der Tatbestand der Blasphemie in unserem Strafrecht keinen Platz.» Denn es gehe im säkularen Recht nicht um Gott, sondern um Menschen – aber eben auch um Menschen, denen Gott heilig ist. Sie würden durch Religionsbeleidigung schwerer und tiefer beleidigt, als wenn ihre eigene Person in den Schmutz gezogen werde. Spaemann: «Ein Staat, der seine Bürger nicht gegen die Verunglimpfung dessen, was ihnen das Heiligste ist, schützt, kann nicht verlangen, dass diese Menschen sich als Bürger ihres Gemeinwesens fühlen.»

Staat muss handeln

Laut Spaemann ist es bisher eine offene Frage, wie der säkulare Staat mit den Werten und geistigen Grundlagen umgehen soll, ohne die er nicht leben kann: «Muss er sie, gegebenenfalls gegen besseres Wissen, ignorieren? Oder sollte er sie pflegen, fördern und privilegieren?»

Der Ermessensspielraum der Richter müsse dabei weit genug sein, um echte von vermeintlicher Blasphemie zu unterscheiden. Schon aus Eigeninteresse sollte der Staat den Respekt vor der christlichen Religion pflegen, die «zu den wichtigsten Wurzeln unserer Zivilisation» gehöre.

Respektlos

Eine wachsende Respektlosigkeit gegenüber Religionen sieht auch der Uno-Sonderberichterstatter für Religionsfreiheit, der Erlanger Politikwissenschaftler Heiner Bielefeldt. Erstmals finde ein aggressiver, verächtlicher Grundton gegenüber Religionen breite Resonanz. «Erschreckend sind das Ausmass an Polarisierung, kulturkämpferischer Aufheizung und der sehr aggressiv verächtliche, ausgrenzende Ton, in dem über Religion geredet wird. Das macht mir Sorgen», sagte der ehemalige Direktor des Deutschen Instituts für Menschenrechte.

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«Christophobie» statt «Islamophobie»? 

Datum: 30.07.2012
Quelle: Kipa / idea.de

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