Abzocker-Initiative: Pro

Nur die Initiative stellt die Durchsetzung sicher

Jetzt kommt sie vors Volk, die Minder-Initiative. Ganze fünf Jahre lang wurde die Vorlage verschleppt und heute werden Studenten als Texter beauftragt, um Leserbriefe zu schreiben. Der Dachverband Economiesuisse investierte um die acht Millionen Schweizer Franken in die Gegenkampagne.
Philipp Hadorn

Dem rechtsbürgerlichen Kleinunternehmer Thomas Minder geht es offenbar um mehr als die Hygiene im Munde. Trybol- Mundwasser macht den Bakterien den Garaus. Dabei setzen rund 20 Personen dieser AG drei bis fünf Millionen Schweizer Franken um. Der Schaffhauser wollte Hygiene auch in die Teppichetagen der Wirtschaft bringen. Die Initiative verschaffte der Empörung über millionenschwere Fallschirme, Willkommensgeschenke und Gehälter Luft. Antritts- und Abgangsentschädigung von rund 12,5 Millionen Franken an den glücklosen letzten Swissair-Chef Mario Corti lösten bei Minder eine natürliche und richtige Reaktion aus: Es darf nicht sein, dass sich Mitglieder von Geschäftsleitungen Millionengehälter gewähren, während tausende Beschäftigte ihre Stelle, zahlreiche Aktionäre und Lieferanten ihr Geld verlieren.

Jesus lehrt andere Werte

Nun kämpft der inzwischen in den Ständerat gewählte Managerschreck aus Schaffhausen gegen die Übermacht der kapitalschweren Wirtschaftselite. Denn eines ist klar: Während Manager für Kurzzeiteinsätze Millionen einstecken, veranstalten sie nicht selten Reorganisationen mit Entlassungen, was in gewissen Kreisen offenbar als Leistungsausweis dient.

Gier ist die Ursache vielen Übels. 38 Mal finde ich das Wort in der Bibel. Salomo schreibt: «Die Gier der Frevler stösst Gott zurück» (Sprüche, Kapitel 10, Vers 3). Gier, Verrat, Masslosigkeit und Rücksichtslosigkeit stellt die Bibel Grosszügigkeit, Gerechtigkeit, Erbarmen und Liebe gegenüber.

Die Minder-Initiative ist kein Wundermittel für Gerechtigkeit. Mit dem Pensionskassengeld sind alle Beschäftigten indirekt Aktionäre. Die Flucht von Wirtschaftsführern ist unrealistisch. Der ehemalige Tessiner Staatsanwalt und Mafiajäger Paolo Bernasconi meint zum Ausnahmefall: «Wenn einer geht, nur wegen des Geldes, ist er nichts anderes als ein Söldner.»

Jesus lehrte uns andere Werte als masslose persönliche Bereicherung. Die Aktionärsdemokratie der Minder-Initiative ist umsetzbar. Mit den Sanktionsmöglichkeiten stellt sie im Gegensatz zum Gegenvorschlag auch deren Durchsetzung sicher.

Reich Gottes sichtbar machen

Ich bin überzeugt, dass die Initiative Signalwirkung haben wird. Mit einem zukünftigen Ja zu den Initiativen 1:12, Mindestlohn, Erbschaftssteuer und Abschaffung der Pauschalbesteuerung dürfte etwas mehr Reich Gottes in dieser Welt sichtbar werden. 

Philipp Hadorn, Nationalrat SP, Gewerkschafter

Abzocker-Initiative: Darum gehts am 3. März
Ziele der Vorlage:
Die Initiative will die Managerlöhne senken und Abgangsentschädigungen verbieten.
Was ändert? Die Aktionäre bestimmen über die Gesamtsumme der Vergütungen. Pensionskassen müssen im Interesse ihrer Versicherten stimmen. Abgangsentschädigungen, Vorausvergütungen und Prämien für Firmenkäufe und -verkäufe werden verboten.
Argumente dafür: Überrissene Löhne und Boni werden verhindert. Die Abschaffung von Depot- und Organstimmrechtsvertretungen stärkt die Rechte «echter» Aktionäre. Die jährliche Wahl des Verwaltungsrats ermöglicht ein schnelles Feedback auf dessen Arbeit. Die Einschränkung der Anzahl Beschäftigungen ausserhalb der Unternehmung beugt Interessenskonflikten besser vor.
Argumente dagegen: Da es keine Maximalbeträge gibt, werden überrissene Löhne und Boni nicht verhindert. Die jährliche Wahl des Verwaltungsrats fördert kurzfristiges Denken und risikoreiche Investitionen. Heutige Vergütungssysteme verfolgen bereits das Ziel, die tatsächlich erbrachten Leistungen des Managements zu vergüten und zu hohen Löhnen vorzubeugen.

Dieser Artikel wurde freundlicherweise von «idea Spektrum Schweiz» zur Verfügung gestellt.

Lesen Sie auch die Kontra-Stellungnahme:
Abzocker-Initiative: Initiative macht KMU zum Spielball der Politik

Datum: 18.02.2013
Autor: Philipp Hadorn
Quelle: ideaSpektrum Schweiz

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