Judas

Judas, der Sohn des Jakobus Der letzte Name der treuen Jünger lautet »Judas, der Sohn des Jakobus« (Apg 1,13, Schl2000; in der Elberfelder Übersetzung steht hier »Bruder des Jakobus«, während in den meisten anderen deutschen Übersetzungen hier »Sohn« steht [Anmerkung des Übersetzers]). Judas ist an sich ein schöner Name. Er be-deutet »der Herr führt«. Aber durch den Verrat von Judas Iskariot wird der Name Judas immer negative Assoziationen hervorrufen. Johannes spricht von ihm als »Judas, nicht der Iskariot« (Joh 14,22). Judas, der Sohn von Jakobus hatte drei Namen. (Hieronymus nennt ihn deshalb »Trinominus« – der Mann mit drei Namen.) In Matthäus 10,3 heißt er »Lebbäus, mit dem Beinamen Thaddäus« (Schlachter 2000). Der Name Judas wurde ihm wahrscheinlich bei seiner Geburt gegeben. Lebbäus und Thaddäus waren eigentlich Spitznamen. Thaddäus bedeutet »Brustkind« und lässt an ein säugendes Baby denken. Dieser Name hat fast schon einen hämischen Beiklang wie etwa »Mamasöhnchen«. Vielleicht war er der Jüngste in seiner Familie – und daher unter mehreren Geschwistern das Kind, das die Mutter besonders liebevoll umsorgte. Sein anderer Name, Lebbäus, hat eine ähnliche Bedeutung. Er leitet sich von der hebräischen Sprachwurzel für »Herz« ab – wörtlich bedeutet er »Herzenskind«. Beide Namen legen nahe, dass er ein empfindsames, kindliches Herz besaß. Interessanterweise befand er sich in derselben Vierergruppe wie Simon der Zelot. Aber unser Herr kann beide Menschentypen gebrauchen. Aus Zeloten können große Prediger werden. Genauso wie aus empfindsamen, mitfühlenden und zarten Seelen wie Lebbäus Thaddäus. Gemeinsam leisteten sie ihren Beitrag zu einer sehr vielschichtigen und faszinierenden Gruppe von zwölf Aposteln. In ihr können wir mindestens einen Vertreter jeder erdenklichen Persönlichkeit finden. Wie die anderen beiden treuen Mitglieder der dritten Gruppe ist auch Lebbäus Thaddäus mehr oder weniger in Dunkelheit eingehüllt, was unseren Respekt für sie jedoch nicht trüben sollte. Sie alle wurden zu mächtigen Predigern. Das Neue Testament berichtet von einer Begebenheit, an der Judas Lebbäus Thaddäus beteiligt war. Sie fand im Obersaal statt und wird nur im Johannes-Evangelium erwähnt. In Johannes 14,21 sagt Jesus: »Wer meine Gebote hat und sie hält, der ist es, der mich liebt; wer aber mich liebt, wird von meinem Vater geliebt werden; und ich werde ihn lieben und mich selbst ihm offenbaren.« Dann fügt Johannes hinzu: »Judas, nicht der Iskariot, spricht zu ihm: Herr, wie kommt es, dass du dich uns offenbaren willst und nicht der Welt?« (V. 22). Hier sehen wir die sanfte Demut dieses Mannes. Seine Aussage war nicht aufdringlich oder gar dreist, auch nicht übertrieben selbstbewusst. Er tadelte den Herrn nicht wie einst Petrus. Seine Frage ist voller Liebenswürdigkeit und Sanftmut und ohne jeglichen Stolz. Er konnte nicht glauben, dass Jesus sich dieser Elfergruppe offenbaren würde und nicht der ganzen Welt. Schließlich war Jesus der Heiland der Welt. Er war der rechtmäßige Erbe der Erde – der König der Könige und Herr der Herren. Die ganze Zeit hatten sie angenommen, dass er gekommen wäre, um sein Reich aufzurichten und sich alle Dinge zu unterwerfen. Das Evangelium der Vergebung und des Heils war gewiss eine gute Nachricht für die ganze Welt. Die Jünger kannten es gut, aber der Rest der Welt war im Großen und Ganzen ahnungslos. So wollte Lebbäus Thaddäus wissen: »Warum wirst du dich uns offenbaren und nicht der ganzen Welt?« Er war ein gottesfürchtiger, gläubiger Jünger, der seinen Herrn liebte und die Macht der Erlösung in seinem Leben erfuhr. Er war voller Hoffnung für die Welt, und in seiner eigenen gutherzigen, kindlichen Art wollte er wissen, weshalb sich Jesus nicht jedem zu erkennen geben würde. Offenbar hoffte er darauf, dass er noch die Aufrichtung des irdischen Königreichs miterleben würde. Das können wir ihm nicht verdenken, denn Jesus lehrte seine Jünger, dafür zu beten (Lk 11,2). Jesus gab ihm eine wunderbare Antwort, die so zart war wie Judas’ Frage. »Jesus antwortete und sprach zu ihm: Wenn jemand mich liebt, so wird er mein Wort halten, und mein Vater wird ihn lieben, und wir werden zu ihm kommen und Wohnung bei ihm machen« (Joh 14,23). Christus würde sich jedem offenbaren, der ihn liebt. Judas Lebbäus Thaddäus dachte noch in politischen und materiellen Zusammenhängen. »Warum hast du noch nicht die Macht über die Welt übernommen? Warum offenbarst du dich nicht der Welt?« Jesus meinte mit seiner Antwort: »Nicht äußerlich werde ich die Macht über die Welt übernehmen, sondern in den Herzen der Menschen, in einem Herzen nach dem anderen. Wenn mich jemand liebt, wird er mein Wort halten. Und wenn er mein Wort hält, werden mein Vater und ich zu ihm kommen und gemeinsam das Reich in seinem Herzen aufrichten.« Die meisten frühen Überlieferungen deuten an, dass Lebbäus Thaddäus das Evangelium nach Edessa brachte, einer Königsstadt in Mesopotamien auf dem Gebiet der heutigen Türkei. Es gibt zahlreiche alte Berichte, die schildern, wie er Edessas König heilte, einen Mann namens Abgar. Im vierten Jahrhundert berichtet der Historiker Eusebius, dass Edessas Archive (mittlerweile zerstört) voller Aufzeichnungen über Thaddäus’ Besuch und Abgars Heilung waren. 1 Das traditionelle apostolische Symbol für Judas Lebbäus Thaddäus war ein Knüppel, da die Überlieferung besagt, dass er für seinen Glauben erschlagen wurde. So folgte dieser empfindsame Mann seinem Herrn treu bis zum Ende. Sein Zeugnis war ebenso kraftvoll und weit reichend wie das seiner bekannteren und direkteren Mitjünger. Wie sie ist auch er ein Beweis dafür, dass Gott völlig normale Menschen auf erstaunliche Weise gebraucht.1 Eusebius, Ecclesiastical History 1.13.5.Fortsetzung: Judas Iskariot - der Verräter

Datum: 02.07.2007
Autor: John MacArthur
Quelle: 12 ganz normale Männer

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